
Weil es mehr als zwei Stunden lang erfolgreich schräg und schritt zugeht, zählt Jacques Offenbachs „Orphée aux enfers“ zu den Evergreens der Bühnenkunst. Der Wahl-Franzose hat den Mythos von Orpheus in der Unterwelt operettig aufgepeppt und zeigt ihn uns als Parodie auf das Leben zwischen Himmel und Hölle. Eigentlich kennt man Orpheus als jemanden, der mit edlem Lyra-Spiel sogar Götter und Steine erweichen kann. Bei Offenbach ist das anders. Hier treibt Orpheus Ehefrau Eurydike mit seinem Geigenspiel zur Weißglut. Außerdem geht er fremd mit einer Nymphe.
Offenbach ging mit so viel Verfremdung nicht etwa baden, sondern errang einen großen Erfolg und internationale Bekanntheit. Der finale „Galop infernal“, mit dem Offenbach den aus Algerien stammenden Cancan auf die Bühne brachte, zählt zu seinen bekanntesten Stücken überhaupt. Eine neue Inszenierung sollte die Geschichte originell, aber nicht klamaukig auf die Bühne bringen.
Also darf man gespannt sein, was in Aachen passiert, wenn Orpheus in die Unterwelt kraxelt, um seine Eurydike wieder aus dem Totenreich an Land zu bringen. „Hast du den Mut, das Gewöhnliche hinter dir zu lassen?“, fragt das Theater Aachen. „Bist du bereit, aus der Zuschauerrolle direkt ins Herz des Geschehens zu springen?“. Regisseur Michiel Dijkema wird weitere Antworten entwickeln, Chanmin Chung koordiniert das musikalische Schein-Chaos.