
Ein VEB-Kombinat in Berlin-Rummelsburg – riesige Baustelle, aufgewühlte Erde, Traktoren auf Schutt-Kippen, Förderbänder, die Steinbrocken transportieren, Tag- und Nachtschicht, sommers wie winters. Unter den Arbeitern ist die 68-jährige Martha, eine der letzten Trümmerfrauen – und die älteste, die damals nach dem Krieg das Leben wieder bewohnbar gemacht haben. Auferstehen aus Ruinen.
In der Pause bei Stulle und Kaffee erzählt sie: dass sie seit 1951 auf der Karl-Marx-Allee wohnt, eineinhalb Zimmer, 39 Mark Miete. Zwei Söhne hat sie großgezogen. Ausgezeichnet wurde sie mit dem sozialistischen „Banner“. Der harte Broterwerb hat auch ihre Züge gehärtet und das Weibliche ins Männliche verschoben. Wenn es nicht um praktisches Tun geht, bleibt sie wortkarg und macht wenig Aufheben von sich.
Monate später feiert Martha, nun adrett in Rock und geblümter Bluse, ihren Abschied mit Torte sowie Nelken und Narzissen von den Kollegen. Sie zieht ihre Lebensbilanz, zufrieden. Wie es im Psalm bei Martin Luther heißt: „und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen“.