Vor Pathos scheut die Kunsthalle Düsseldorf nicht zurück: Nichts Geringeres als die „Heilung der Erde“ durch die Kunst stellt das Haus am Grabbeplatz in Aussicht. Wie soll das gelingen? Vielleicht, indem wir von den Mongolen lernen? In diese Richtung zielt die aktuelle Gruppenausstellung.
Gregor Jansen und Alicia Holthausen, die beiden Kurator*innen, sind sicher, dass wir von mongolischen Tugenden profitieren können – gemeint sind vor allem Naturnähe und eine tiefe spirituelle Verbindung zu Mutter Erde, die von Geistern durchwaltet ist. Das glauben viele mongolische Nomaden, die in den grasbewachsenen Steppen des dünnbesiedelten ostasiatischen Landes zu Hause sind. Eine besondere Rolle in der traditionellen mongolischen Kultur spielt der Schamane – er gilt als Vermittler zwischen materieller und geistiger Welt.
So macht es Sinn, dass die Schau auch Joseph Beuys ins Boot holt. Bekanntlich sah er sich als Schamane im Reich der Kunst. Als zentralen Baustein dieser Inszenierung verbreitete Beuys die Legende, nach seinem Flugzeugabsturz auf der Krim (1943) hätten ihn nomadisierende Tataren mit tierischem Fett und Warmhalten in Filz gerettet.
Und was ist mit den Künstler-Schamanen von heute? Antworten gibt die Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf. Ein dreiteiliges Projekt: Im kommenden Jahr wandert die Schau ins Dschingis-Khan-Nationalmuseum in Ulaanbaatar, Hauptstadt der Mongolei. Und schon in diesem Mai reisten drei der deutschen Ausstellungsteilnehmer – Claudia Mann, Thomas Stricker und Julian Westermann – für drei Wochen in die Mongolei, um vor Ort zu arbeiten und Tuchfühlung mit den Nomaden aufzunehmen.
Künstler anhand ihrer Nationalität zu beurteilen, ist prinzipiell problematisch. Gleichwohl gewinnt man vor den Arbeiten der Kunstschaffenden aus der Mongolei den Eindruck, dass sie der Tradition ihres Landes deutlich stärker verpflichtet sind, als das bei den meisten ihrer deutschen Kollegen der Fall ist. So betont beispielsweise Munkhtsetseg Batmunkh mit ihrer dreiteiligen Textilarbeit „Father, Mother, Me“ die herausragende Stellung der Familie in der nomadischen Gesellschaft. Nomin Bold und Ochirbold Ayurzana konfrontieren uns mit einer Armada von Totenköpfen – für die beiden Künstler keine Vanitas-Symbole, sondern im Gegenteil Sinnbilder der Wiederauferstehung. Und Baatarzorig Batjargals Schamane mit Wolfskopf dockt zwar an magische Praktiken seiner Heimat an – doch wirkt die Figur wegen ihrer grellen Aufmachung wie ein Sendbote der Pop Art.