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Das Sauerland und der Klimawandel: Interview mit Theresa Kampmeier, Organisatorin der Ausstellung „Das Brotbaumregime“

01.07.2023 - 01.10.2023
Wenige Regionen Deutschlands verfügen über so ausgedehnte Waldgebiete wie das Sauerland. Eine besondere Rolle spielt traditionell die Fichte – weil sie sich so ergiebig anbauen ließ, nannte man sie „Brotbaum“. Daran angelehnt, hat Theresa Kampmeier ein Ausstellungsprojekt mit dem Titel „Das Brotbaumregime“ konzipiert. An vier Orten geht es um das Sauerland unter den verschärften Bedingungen des Klimawandels. Und darum, wie sich die Kunst in den Prozess der gesellschaftlichen Klimaresilienz einbringen kann. An dem Projekt sind zahlreiche Künstler*innen beteiligt, darunter Maria Thereza Alves, Ann Böttcher, Jimmie Durham, Andreas Greiner, Susanne Kunst, Antje Majewski, Ben Osborn und Hermann Springborn.
Bis zum 1. Oktober präsentieren Sie an vier Orten im Sauerland ein ungewöhnliches Ausstellungsprojekt, angesiedelt zwischen Kunst, Naturschutz und Klimarecherche. „Das Brotbaumregime“, so lautet der Titel. Was hat es damit auf sich? Worum geht es?
TK:
„Das Brotbaumregime“ dreht sich um radikale Transformationen durch das Sterben großer Flächen von Sauerländer Wald. Es stellt sich der Frage, wie wir diese Veränderungen in unserem Lebensraum kollektiv und kulturell verarbeiten können. Ich arbeite dafür in der Organisation mit den Städten Arnsberg, Brilon und Schmallenberg im Hochsauerlandkreis zusammen. Involviert sind zahlreiche Künstler*innen sowie Beteiligte aus der Bevölkerung der Region. Außerdem werden historische Dokumente und aktuelle fachliche Beiträge gezeigt und es gibt ein ausführliches Veranstaltungsprogramm, das Aspekte der Ausstellung vertieft und zum Austausch einlädt. Gemeinschaftliches Erinnern, Trauern und Verstehen sind zentral für die gesellschaftliche Klimaresilienz. Wir im Projekt begreifen Kunst als eine Chance für diesen gesellschaftlichen Prozess.
In Ihrer Ankündigung sprechen Sie von einer „Sauerländer Waldkultur“: Wie lässt sich dieses sauerländische Biotop charakterisieren? Worin unterscheidet es sich von den Wäldern in anderen Regionen in NRW?
TK:
Das Sauerland ist eine der waldreichsten Regionen Deutschlands. Die Fichte wurde hier – aber nicht nur hier – lange als „Brotbaum“ bezeichnet, weil sie sich hier so ergiebig anbauen ließ und eine gute Einnahmequelle war. Der reine Fichtenwald wurde im 19. Jahrhundert zu einem Kernbestandteil der Sauerländer Landschaft. Aktuell aber leidet die Monokultur so sehr, dass große Flächen sterben und brachgeschlagen werden. Die gegenwärtige Waldtransformation ist zwar nicht nur im Sauerland wichtig, sie ist hier aber besonders akut und betrifft alle vor Ort – Menschen ebenso wie ihre nichtmenschlichen Verwandten.
Die Ausstellung erstreckt sich über vier Orte, nämlich Arnsberg, Brilon, Eslohe und Schmallenberg-Holthausen. Worin unterscheidet sich das Konzept, das diesen vier Stationen zugrunde liegt?
TK:
In der Südwestfälischen Galerie in Schmallenberg-Holthausen erschließt sich das Thema durch die Entstehungsgeschichte und globalen Zusammenhänge von Forstwirtschaft und Holzmarkt ebenso wie mit Blick auf Beziehungen zwischen Menschen und Wäldern. An der St. Rochus Kapelle am Waldrand über dem Dorf Eslohe entsteht ein Ort der Andacht. Besuchende befinden sich hier draußen unter freiem Himmel – an einem Ort mit einer langen Geschichte spiritueller Bedeutungen. Im Sauerland-Museum in Arnsberg widmen wir uns der Komplexität der aktuellen Situation. Ganz zentral berichten Waldakteur*innen in Videointerviews von ihren unterschiedlichen Perspektiven. Im Museum Haus Hövener in Brilon geht es um die regionale Waldkultur und die Landschaften unserer Vorstellung. Forstflächen und Fichten spielen in Erzählungen und Erinnerungen eine große Rolle. Auch der Tourismus hat ein bestimmtes Bild der Region geprägt.

„Das Brotbaumregime. Ein Ausstellungsprojekt zur Sauerländer Waldkultur“. Orte: Sauerland-Museum, Arnsberg; Museum Haus Hövener, Brilon; Südwestfälischen Galerie, Schieferbergbau- und Heimatmuseum, Schmallenberg-Holthausen; St. Rochus Kapelle, Eslohe. 01.07.– 01.10.2023

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01.07.2023 - 01.10.2023

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