
Vasen, Geschirr, Gefäße für Zeremonien, Möbel, Nadeletuis, ja sogar die Paneele einer barocken Kutsche – Lackkunst kommt in unterschiedlichsten Zusammenhängen zur Anwendung und veredelt Kunst und Alltag. Der Stammbaum dieser bis heute praktizierten Spielart des Kunsthandwerks ist ebenso altehrwürdig wie weitverzweigt. Seit mindestens 5000 Jahren wird in China das Harz des Lackbaums genutzt, um Oberflächen zu veredeln und Gegenstände ornamental zu verzieren.
Von China aus verbreitete sich die Lackkunst zunächst nach Japan und in andere asiatische Länder, später in den arabischen Raum und seit dem 16. Jahrhundert nach Europa. Ein frühes Beispiel für Globalisierung. Hierzulande waren die sogenannten Exportlacke beliebter Bestandteil der Chinoiserien – Barock und Rokoko verklärten China und Ostasien zur Idylle.
Ein Spezialmuseum, das sich ausschließlich dieser Kunsttechnik widmet, gab es lange Zeit in Münster – weltweit ein Unikum. Das Museum für Lackkunst, betrieben von der in Münster ansässigen BASF-Sparte Coatings, vereinte rund 1200 Objekte der Lackkunst aus Ostasien, Europa und der islamischen Welt. Weil der Unternehmensbereich Lack der BASF-Gruppe seine Sponsoring-Aktivitäten auf den Bereich Bildung konzentrierte, passte ein Museum nicht mehr ins Portfolio. Im Januar 2024 war der Lack ab und das Haus an der Windthorststraße wurde geschlossen.
Weil BASF Coatings seine Lackschätze dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) für den symbolischen Preis von einem Euro übereignete, wurde die einzigartige Kollektion nicht über den Kunsthandel veräußert und zerfleddert. Nun kümmert sich das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster um die kostbaren Objekte.

Mit Patricia Frick hat das LWL-Museum eine eigene Kuratorin für Lackkunst mit der Hege und Pflege der Preziosen betraut. Nachdem sie im vergangenen Oktober mit einem Exportlack-Kabinett in der Reihe „Kunstwerk des Monats“ einen Vorgeschmack auf die Neuzugänge des Museums gab, ermöglicht die Sonderausstellung „Faszination Lack – Kunst aus Asien und Europa“ einen umfassenden Einblick in die Materie. Präsentiert werden unter anderem frühe Beispiele chinesischer Lackkunst, Perlmutt- und Goldstreulacke Koreas und Japans, europäische Lackobjekte des 18. und 19. Jahrhunderts sowie zeitgenössische Beispiele. Im Zentrum der Schau stehen jene Exportlacke, die eine Brücke zwischen den Kulturen Ostasiens und Europas schlagen.
Erstaunlich, welch unterschiedliche Objekte unter dem Materialmantel des Lacks sinnvoll Unterschlupf finden. So begegnet man in der Ausstellung beispielsweise einem exquisiten Tablett mit blühendem Pflaumenzweig aus China; es entstand im 14. Jahrhundert und zählt somit zu den ältesten Exponaten. Bei einem im 18. Jahrhundert in Korea gefertigten Kleiderkasten zaubert Schwarzlack mit Perlmutteinlage ein reiches florales Ornament hervor. Tabakdosen, Bonbonnieren oder Operngläser, allesamt mit Lack glanzvoll herausgeputzt, bezeugen die verfeinerte höfische Kultur, wie sie besonders an europäischen Fürstenhöfen gepflegt wurde. Ein Hingucker im Miniaturformat auch ein japanisches Inro (ein raffiniert verschachtelte Lackbehältnis) mit einem Jagdfalken.



