Artikel
Termine und Orte
„Tide“ – so heißt das aktuelle Album der Improvisationsband hilde, mit dem die Musikerinnen in diesem Jahr in NRW auf Tour gehen. Benannt nach einem Song, der den vier Bandmitgliedern besonders wichtig ist. Er ist im Studio als freie Improvisation entstanden und damit charakteristisch für ihre Musik. 2016 haben sich Julia Brüssel (Violine), Marie Daniels (Gesang), Maria Trautmann (Posaune) und Emily Wittbrodt (Cello) als Mitglieder der Musikgruppe „The Dorf“ kennenlernt, seit 2018 improvisieren sie gemeinsam. Wie eine Improvisationsband ein Album entwickelt und was das Besondere an ihrem Zusammenspiel ist – darüber haben wir mit der Band gesprochen.
Das englische Wort „Tide“ hat mehrere Bedeutungen. Welche davon ist titelgebend für das Album?
hilde:
Unser Song „Tide“ ist wie Ebbe und Flut durchzogen von Gegensätzen, die sich oft in unserer Musik offenbaren. Er zeigt die unterschiedlichsten Facetten: eine kitschige Melodie, die direkt ins Ohr geht, dicht gefolgt von einem fast verstörenden Sound, der dann wieder ins Schöne überschlägt. Diese gegensätzlichen Gefühle sind charakteristisch für uns und trotzdem bleibt alles miteinander verbunden.
Die Ambivalenzen im Sound und der Facettenreichtum als Band macht es auch schwer, die Musik in eine Schublade einzuordnen. Wie kann man hildes Kunst beschreiben?
hilde:
Das schlägt sich auch bei Auftritten nieder. Wir werden immer unterschiedlich angekündigt, mal als „Improband“, mal als „Popband“, mal als „Kammermusik“. Die Leute suchen immer wieder nach Labels für uns. Uns gefällt die Beschreibung von Wolf Kampmann auf unserer Homepage ganz gut, der unter anderem schreibt:
„One of hilde’s great strengths is her ability to find completely unexpected, sometimes downright daring links between abstract sonic invention and traditional grace.“
Violine, Gesang, Posaune und Cello ist eine besondere Besetzung. Was zeichnet hilde noch aus?
hilde:
Wir arbeiten kollektiv und zwar wirklich kollektiv, was total selten ist. Die Musik entsteht gemeinsam, alle Arbeit wird aufgeteilt und dadurch einfacher. Alles ist auf alle Schultern verteilt und wir haben keine Bandleaderin, die im Vordergrund steht.
Wie läuft die Improvisation auf der Tour ab?
hilde:
Das Besondere an unserer Musik ist, dass wir immer offen und flexibel sind. Die Improvisation verschmilzt organisch mit den notierten Stücken. Wir spielen bei Aufführungen ohne Setlist und wissen nicht, was passiert, denn auch die Dramaturgie ist komplett improvisiert. Dabei nehmen wir in unserer Vierstimmigkeit auch verschiedene Rollen ein. Das heißt, dass die Stimme zum Beispiel nicht immer die Hauptmelodie singen muss, sondern auch akkordisch agiert oder das Cello die Bassfunktion übernimmt.
Und wie kann man sich die Arbeit einer Improband an einem Album vorstellen?
hilde:
Es gibt unterschiedliche Ansätze: Manche Musikstücke auf der Bühne sind nur für den Moment. Manchmal nehmen wir aber auch im Studio ein Stück auf mit Anfang, Mittelteil und Ende. Wir hören uns das Stück dann an und schreiben es auf, sodass wir es reproduzieren können. Ein anderes Mal wird nur ein Fragment, eine Textidee oder ein Akkord zur Probe mitgebracht und wir denken uns drumherum gemeinsam etwas aus. Bei unserer aktuellen Tour spielen wir zwar größtenteils Stücke vom Album, bleiben der Impro aber treu. Man kann sich also sicher sein: Jeder Abend wird anders.
hilde „Tide“