Corvey ist eines von etlichen Klöstern, die einen wichtigen Teil jenes antiken Wissens bewahrten, das uns bis heute prägt. Die Schau will zeigen, wie im Mittelalter antike Kulturtechniken – insbesondere das Lesen und Schreiben – und Vorstellungen von Politik, Recht, Kunst und Wissenschaften weitergegeben wurden. Denn eine wichtige Rolle nahmen Mönche wie die Benediktiner in Corvey ein, die antike Schriften vervielfältigten. Aber auch Handwerker, die antike Originale umarbeiteten oder in eigene Werke integrierten. Mehr als 120 Leihgaben aus europäischen Museen, Bibliotheken und Archiven werden nach Paderborn kommen und zeigen, wie das Erbe der Antike in den Klöstern bewahrt wurde und fortlebte.
Gegründet wurde Corvey 822 von Ludwig dem Frommen, dem Sohn Karls des Großen, als erstes Kloster im sächsischen Raum, das sich schnell zum eigenständigen Herrschaftssitz mit überregionalem Einfluss entwickelte. Die Äbte waren Gelehrte des karolingischen Hofs und bestens in Rom und Byzanz vernetzt. Sie machten die abgelegene Abtei zu einem Zentrum der Übermittlung antiker Schrift, Architektur und Wandmalerei. Zu einem Zentrum des Wissens. Und damit einiger Macht. Um die intellektuelle Bedeutung des Klosters zu zeigen, haben internationale Expert*innen eine beeindruckende Fülle an Schatz- und Elfenbeinkunst, Handschriften, Skulpturen und Architekturelementen zusammengebracht.
Der Rundgang reicht von der Klostergründung über Handelswege bis zur Weitergabe antiker Techniken wie Goldschmiede, Edelstein- und Glaskunst. Das Kloster markierte auch den Anfang der Steinbauweise in Westfalen. Dass die Gelehrten antike Schriften zu Rate zogen, um etwa Stuck und Wandmalereien überhaupt herstellen zu können, belegt die Ausstellung sehr schön. Thema wird natürlich auch die bedeutende Bibliothek, die allerdings mit der Säkularisation 1803 und der Auflösung des Klosters zerschlagen wurde. Die Bücher auf dem Klosterareal heute stammen aus dem Besitz der Herzöge von Ratibor und Fürsten von Corvey und vornehmlich aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Auch im Kloster selbst gibt es Brückenschläge bis nach Paderborn – in einem Raum wird etwa multimedial die Baugeschichte und Bedeutung der Architektur erklärt und damit auch Bezug auf die Ausstellung genommen. Vor diesem Hintergrund ist der Zeitpunkt der Schau im Diözesanmuseum allerdings ein einziges Ärgernis. Denn Corvey liegt gerade im Winterschlaf. Mit Ausnahme der Abteikirche ist die Klosteranlage mit Schlosstrakt im Besitz der Herzöge von Ratibor und Fürsten von Corvey. Da für sie die Saison im Winter nun mal endet, öffnet die gesamte Anlage erst wieder im April, während "Corvey und das Erbe der Antike" nur bis 26. Januar in Paderborn läuft. Immerhin werden noch während der Ausstellungszeit das Westwerk und die Kirche vom 10. November bis 26. Januar sonntags oder bei Führungen zugänglich gemacht.