Artikel
Ödipus, der antike König, der ahnungslos zum Vatermörder wird und seine eigene Mutter ehelicht, ist uns allen bekannt. Was aber wissen wir über das Mordopfer, seinen Vater Laios?
Roland Schimmelpfennigs gleichnamiges Stück schließt freilich mehr als eine schlichte Wissenslücke. Der Dramatiker schickt eine Erzählstimme in die Spur, die Hypothesen durchspielt und verwirft, Gedanken wieder und wieder überschreibt und dabei Fragen um Macht, Historie und Moral luzide zwischen Antike und Gegenwart beleuchtet. In der kongenialen Solo-Performance von Lina Beckmann wird daraus ein furioser Abend über das Erzählen selbst, über die Freude an konkurrierenden Plots und die immense Verführungskraft einer guten Story auf offener Bühne.
Christine Wahl
Deutsches SchauSpielHaus Hamburg