MiQua - LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln

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Unter der Erdoberfläche des Rathausplatzes in Köln finden sich interessante Relikte. Sie in einem Museum für jüdische Geschichte sichtbar zu machen, ist das wohl interessanteste Projekt dieser Art derzeit in Europa.

Als gäbe es im ehrwürdigen Wallraf-Richartz-Museum nicht selbst genügend geheimnisvolle und wertvolle Bilder, eröffnet das große Fenster auf der Nordfassade einen Blick auf das „Archäologische Quartier“, das noch immer reichlich Geheimnisse birgt. Unter der Erdoberfläche des ehemaligen Rathausplatzes, der den Bereich zwischen dem Wallraf-Richartz und dem Rathaus abdeckt, finden sich umfangreiche Zeugnisse der römischen, jüdischen und christlichen Geschichte der Stadt von der Antike bis in die Neuzeit. Sie in einem Museum für jüdische Geschichte sichtbar zu machen, ist das wohl interessanteste Projekt dieser Art derzeit in Europa.

Im Jahr 2021, als das Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gefeiert wurde, gab es erste Veranstaltungen im unterirdischen Grabungsbereich. 2025 soll das Museum unter dem Namen MiQua als LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln eingeweiht werden. 6000 Quadratmeter Ausgrabungsfläche werden auf einem 650 Meter langen Ausstellungsparcours zu erleben sein.

Dass sich unter der Oberfläche am Historischen Rathaus etwas Bedeutendes verbirgt, ist bereits lange bekannt. Bereits im Jahr 1953, im Zuge des wiederaufzubauenden Rathauses, gab es erste ausführliche Grabungen. Sie legten Teile des Praetoriums frei, den Statthalterpalast als Zentrum der römischen Herrschaft am Rhein. Auch die Mikwe, ein gut 15 Meter tiefer, begehbarer Schacht bis zum fließenden Grundwasser, in dem Juden rituelle Waschungen vornahmen, war früh gefunden worden. Für einige Jahre bot ein Glasdeckel den Kölnern ein erstes Fenster für Einblicke hinab in die Vergangenheit, und auch Teile des Praetoriums waren begehbar. Wie umfangreich und aufschlussreich die verschütteten Funde allerdings sind, stellte sich erst mit den weiteren Jahrzehnten und gerade jüngeren Grabungen unter dem gesamten Platz heraus.

Die Ergebnisse der archäologischen Arbeiten geben Einblicke in die römische Geschichte Kölns vom 1. bis ins 4. Jahrhundert, von der Stadtgründung durch Agrippina bis zum letzten römischen Statthalter in der Spätantike, der die Herrschaft schließlich an die Franken abgab. Die Funde belegen das christlich-jüdische Zusammenleben in Köln vom 11. Jahrhundert bis zur Vertreibung der Juden im Jahr 1424. Überreste der Synagoge, des Tanzhauses, eines Hospitals und von Wohnhäusern der jüdischen Bevölkerung stammen aus dieser Zeit. Gefunden wurden hier Schiefertäfelchen mit jüdischen Namen, Schreibübungen und Bibelzitaten – nach den Erkenntnissen von Fachleuten ein weltweit einzigartig aufschlussreicher Fund. Auch die Zeit nach der Wiederansiedlung jüdischen Lebens ab dem Ende des 18. Jahrhunderts lässt sich an den Steinen ablesen und markiert einen Abschnitt bis in die 1940er Jahre. Für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Stadtgeschichte vom 7. bis zum 20. Jahrhundert steht die Ausgrabung des christlichen Goldschmiedeviertels. Der wertvollste Fund in diesem Abschnitt ist ein wohl byzantinischer Goldohrring in einer kaiserlichen Qualität aus dem 10. Jahrhundert. Ausgerechnet in einer Latrine hat man ihn 2011 gefunden.

Nach Jahren ausführlicher Diskussionen innerhalb Kölns über die Ausrichtung, die Größe und die Gestaltung eines Museums an der Stelle hat sich 2008 der Architekturentwurf eines Hallenbaus durchgesetzt, der nun bis 2024 entstehen wird. Oberirdisch wird er große Ausstellungsflächen enthalten, aber nach unten hin reichlich Raum und Perspektive in die ausgegrabenen Straßenzüge und Häuser bieten. Erzählt wird die Geschichte der Steine anhand von Personen, deren Lebensläufe durch Fundstücke belegt werden kann. Das MiQua soll mit den frei liegenden Zeugnissen für die Besucher wie ein offenes Geschichtsbuch funktionieren. Ob sich alle Vorstellungen der Macher erfüllen, bleibt abzuwarten. Immerhin könnte ein besonderer Fund bis zur Eröffnung noch hilfreich sein: 1953 war auch eine Statue der römischen Glücksgöttin Fortuna entdeckt worden, ihr ist ein Platz in der Ausstellung sicher.

Unsere Ausflugstipps: Das moderne jüdische Leben in Köln hautnah mitbekommen? Das geht natürlich auch in der Metropole am Rhein. Wer hier einmal auf die spannende Kulturreise geht, für den gehört auch ein Besuch der Synagoge Roonstraße zum Pflichtprogramm. Sie bildet das Zentrum der Synagogen-Gemeinde Köln und kann bei einer Führung besichtigt werden. Gemeindemitglieder klären bei einer Tour über die Geschichte und Bedeutung des Hauses auf, das heute zugleich ein Versammlungs- und Gotteshaus ist.

Alternativ bietet sich für Reisende, die sich noch mehr mit archäologischen Funden auseinandersetzen möchten, das https://www.roemergrab.de/in Köln-Weiden für einen Besuch an. Die unterirdische Grabkammer zählt zu den besterhaltenen und eindrucksvollsten römischen Grabanlagen nördlich der Alpen. Forscher entdeckten sie 1843 bei Ausschachtungsarbeiten.

Text: Jens Nieweg/Tourismus NRW

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