Das „Wort“ steht im Fokus. Wobei es auf der Hand liegt, dass die Kurato*innen im Kunstmuseum des Erzbistums Köln bei diesem Begriff nicht zuletzt an den berühmten Beginn des Johannesevangeliums denken: „Am Anfang war das Wort“. Doch interessiert auch die „Schrift“, weil sie dem Wort erst Dauer verleiht. Und „Zeichen“, denn Buchstaben sind ja schließlich nichts anderes. Diesen Themenkreis bespiegelt man im Kolumba, wie üblich, assoziativ und weitgehend mit Werken aus dem eigenen Bestand, die einander immer wieder in spannenden Konstellationen begegnen.
Da kann man beobachten, wie Zeichen oder Symbole über die Zeit hinweg ihre Bedeutung ändern. Mit Blick auf eine über 1500 Jahre alte Webarbeit aus Ägypten zum Beispiel. Sie zeigt ein Wirbelmotiv, das seinerzeit als Glücksbringer verbreitet war und für stetige Erneuerung in immer wiederkehrenden Kreisläufen des Lebens stand, im Nationalsozialismus aber zum „Hakenkreuz“ umgemünzt wurde und seither nurmehr an Krieg, Diktatur, Rassismus und Massenmord denken lässt.
Auf andere Weise deutet Conrad Felixmüller die geläufige Ikonographie um, wenn er 1919, kurz nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die Himmelfahrt der Revolutionsführer*innen in Szene setzt. Wobei sich der leitende Stern über Bethlehem zum Wegweiser in eine sozialistische Gesellschaft verwandelt.
Die Ausstellung lebt von solchen Ideen und Gedankenspielen. Vom Gegenüber, das mitunter auch heftig ausfallen kann. Wenn etwa unter dem Schutzmantel der Madonna das fleischgewordene Wort in Gestalt des nackten Jesuskinds erscheint. Und im selben Raum auf die derben Bilder eines Dieter Krieg stößt, darunter eine Fleischwurst mit der Beschriftung: „Jesus kocht“. Andere Werke der Schau können auf Worte verzichten, wie jenes glänzende Polyester-Gebilde auf dem Fußboden. Ein riesiges Körperteil? Ein unbekanntes Designobjekt? Sein Schöpfer, Thomas Rentmeister, hilft nicht weiter bei der Deutung, denn sein Ding lässt er „ohne Titel“.
Es gibt einiges zu entdecken und zu überdenken beim Schweifen durch die wunderbaren, klaren Kolumba-Räume. Auch ganz Unbekanntes. Denn viele der Werke werden zum ersten Mal hier gezeigt. Etwa eine Reihe minutiös abgezeichneter „Hausfrauen“ von Anna Blume. Die Kölner Künstlerin hatte die durchweg üppigen Damen Ende der 1970er Jahre auf der Venloer Straße im Stadtteil Ehrenfeld abgelichtet und dann mit Bleistift so ins Bild gesetzt, dass die gemusterten Kleider gut zur Geltung kommen – wie sie sich, über die Rundungen gespannt, ausdehnen und verformen.
Könnte das Muster hier ein Sinnbild sein für das eingezwängte Dasein der uniformen „Hausfrauen“? So überlegt man, während plötzlich ein Klackern laut wird und durch die sinnlichen Säle hallt. Es stammt von Rebecca Horns motorisiertem „Blindenstab“, der im Zentrum des Obergeschosses über den schwarzen Boden tappt und wischt und schlägt. Manchmal leise und ängstlich, dann wieder heftiger, fast aggressiv. Als wolle er Hindernisse aufspüren, nach Orientierung suchen.
Die Ausstellung lässt vieles offen, hält manches in der Schwebe. Und entlässt uns Kolumba mit vielen Gedanken, Fragen, Anregungen.
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