Kunst

"Wir ist Zukunft. Visionen neuer Gemeinschaften" im Museum Folkwang

24.11.2023 - 17.03.2024
Alles vorbei? Laufen wir sehenden Auges in die Katastrophe? Oder lässt sich scheinbar Unabänderliches anders denken? Können neue Gemeinschaften Auswege aufzeigen? Ausgehend von diesen aktuellen Fragestellungen, untersucht die Ausstellung historische und gegenwärtige künstlerische Ideen und Entwürfe für alternative Formen des Zusammenlebens.

Dabei gehen die Recherchen rund 120 Jahre zurück, reichen bis heute mit Aussicht auf die Zukunft und lassen erkennen, dass in Umbruchs- und Krisenzeiten die Sehnsucht nach einer neuen Gemeinschaft umso heftiger aufflammt. So war es schon um 1900, als eine Handvoll Aussteiger sich aufmachten an den Lago Maggiore.

Kurz vor seinem Aufbruch in den Süden hatte einer von ihnen, Gusto Gräser, seiner Zivilisationsmüdigkeit auf der Leinwand Ausdruck gegeben: »Der Liebe Macht« heißt das Gemälde, und es beschreibt eine geteilte Landschaft. Die rechte Hälfte zeigt, in Flammenlicht getaucht, rauchenden Fabrikschlote und sich bekriegenden Menschen. Links herrscht hingegen paradiesische Eintracht von Mensch und Tier in unberührter Natur.

Gräser und die Gleichgesinnten besiedelten einen Hügel bei Ascona, tauften ihn Monte Verità und erprobten dort neue Lebensformen: Sie fühlten sich wohl in offenen Beziehungen, aßen nur Obst und Gemüse aus eigenem Anbau und pflegten die Nacktkultur. Sie propagierten die Abkehr vom Kapitalismus mit »seinen sozialen Folgeübeln« und hofften, dass der Monte Verità »ein Hort für spätere Zeiten« werde. Ein schöner Traum, der allerdings schon nach kurzer Zeit platzte. 

Es gab in der Folge noch ähnliche Gemeinschaften mehr und auch viele Sympathisanten der »Lebensreformbewegung«, die das Ideal weniger radikal verfolgten. In der Ausstellung kommt etwa Folkwang-Gründer Karl Ernst Osthaus zur Sprache, dem eine Lebensgemeinschaft vor der eigenen Haustür vorschwebte – mit einer »Reformschule« auf dem eigenen Grundstück in Hohenhagen. Bei Bruno Taut fanden solche Pläne offene Ohren, fühlte er sich doch als Architekt dazu berufen, die Gesellschaft aus dem Chaos zu einem neuen Zustand der Harmonie und Gemeinschaft zu führen. Um 1920 hat Taut ganze Wohn- und Lebensräume für zukünftige Gemeinschaften erdacht. Auch das ist Thema in Essen.

Auf dem Weg Richtung Gegenwart macht die Schau dann noch in „New Babylon” halt, wo die Häuser auf Stehlen stehen und jegliche Erwerbsarbeit entfällt. Auch der Hippie-Modernismus wird gestreift, bevor das 21. Jahrhundert anbricht. Neue Technologien versprechen nur mehr vage eine Sicherung des Überlebens der Menschheit, wie es scheint. Und immer öfter werden Lösungen in radikal neuen Formen des Zusammenlebens von Menschen, Tieren, Pflanzen und der anorganischen Welt gesucht. 

Im Video malt sich Eglé Budvytyté aus, wie eine solche zukünftige Gemeinschaft aussehen mag: Eine geheimnisvolle Gruppe junger Menschen durchstreift die Wälder, Wüsten, Seen, man badet gemeinsam, schläft im Pulk und wandert auf allen Vieren, den Blick gen Himmel, durch den Sand. Ähnlich ganzheitliche Gedanken bewegten wohl auch Yussef Agbo-Ola, als er eigens für Essen seinen „12 Stone Frog Temple” konzipiert hat. Das Gehäuse hat die Form eines giftigen Frosches, der in seiner südamerikanischen Heimat vom Aussterben bedroht ist. Im Inneren sieht man grüne Schatten, riecht Lavendelduft und hört den Regenwald vibrieren. Hier kann man gemeinsam verweilen – und sich vielleicht darüber klarwerden, wie alles zusammenhängt.  

Mehr Infos gibt es hier.

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"Wir ist Zukunft. Visionen neuer Gemeinschaften" im Museum Folkwang

24.11.2023 - 17.03.2024

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