Sung Tieu war fünf Jahre alt, als sie 1992 aus Vietnam nach Deutschland zog. Zum Vater, der schon vor der Wende hergekommen war und in einem DDR-Stahlwerk arbeitete. Viele Stunden verbrachte das kleine Mädchen nun wartend in Einwanderungsbüros und behielt das spezielle Ambiente, die kalte bürokratische Ästhetik, über Jahrzehnte in Erinnerung. Als Künstlerin wurde sie vor allem bekannt mit Arbeiten, die diese eigene Migrationserfahrung nach der Wendezeit reflektieren und weiterdenken. Im Haus der Kunst in München und im Berliner Haus der Kulturen der Welt war sie schon zu Gast.
Nun erhält Sung Tieu den Förderpreis zum Rubenspreis der Stadt Siegen und präsentiert dazu im Museum für Gegenwartskunst eine große Ausstellung. In elf Räumen sind hier über 50 Werke aus den letzten sechs Jahren versammelt – Environments, Installationen, Skulpturen, Videos, Fotos, Zeichnungen, Text und Sound, Fund- und Erinnerungsstücke. Die Themen reichen dabei weit über Migration hinaus – vom Einfluss der französischen Kolonialisierung auf die Kultur in Vietnam über den Einsatz psychologischer und akustischer Waffen in Militäroperationen bis hin zum Fracking in den USA.