Es ist eine Leistung der Poetica, Beteiligte in ihrer Vielfalt vorzustellen, sie nicht etwa nur in die Rolle der Lyriker*innen zu zwängen. Aleš Šteger, Kurator der Poetica 2, nannte seine Gäste treffend „literarische Amphibien“, in mehreren Gattungen heimisch, wenngleich der Literaturmarkt sich gern einfacherer Kategorien bediene.
Die Kurator*innen der Poetica wechseln jährlich. Zum Jubiläum, der 10. Ausgabe des von der Universität zu Köln organisierten Festivals, versammelt ein Dreigespann aus Poetica-Gründer Günter Blamberger (Jahrgang 1951), Lyrikerin und Übersetzerin Uljana Wolf (1979) und Dramaturgin Michaela Predeick (1987) 14 Autor*innen aus fünf Kontinenten. Zum Thema „Poetic Thinking and Hospitality – Freiräume der Poesie“ diskutieren sie, wie Gedichte beitragen können, Denkräume offen zu halten.
Beim Auftakt in der Universität zu Köln stellen sie sich mit Kurzlesungen vor. Dabei sind Autor*innen wie Sjón (Island), Hiromi Itō (Japan) oder Fiston Mwanza Mujila (Kongo/Österreich), die zum wiederholten Mal teilnehmen. Auch ehemalige Poetica-Kurator*innen wie Yoko Tawada (Japan/Deutschland) oder Jan Wagner (Deutschland) sind an Bord.
Die institutionelle Anbindung der Poetica an die Universität ist kein Zufall: Ihre Grundidee ist auch, Schnittmengen von Wissenschaft und Literatur aufzuzeigen. Tagsüber finden so Werkstätten mit Kölner Studierenden statt. Berührungsängste vor einem allzu akademischen Zugang beim öffentlichen Programm braucht es aber nicht. Die Atmosphäre ist familiär, nahbar, bisweilen rheinisch. Mal wird auch gesungen und im Takt geklatscht. Veranstaltungsorte jenseits der Universität wie die Kulturkirche Köln, das Filmforum im Museum Ludwig sowie das Schauspiel Köln unterstützen diese Stimmung.
Spannend an der Poetica ist zudem das für alle intensive Aufeinandertreffen: Wann wohnt man schon mal Lyriker*innen beim produktiven Diskurs bei? Denn tatsächlich erfahren die Dichter*innen hier einiges voneinander, ihre zunehmende Vertrautheit wird spürbar. Lesungen und Gespräche zu Themen wie „Raum lassen“ oder „Was alles hat Platz in einem Gedicht?“ finden abends mit kleineren Runden der Beteiligten statt. Anwesend sind trotzdem alle, denn die anderen Autor*innen werden Teil des Publikums.
Die Texte werden in Originalsprache und teils zusätzlich in Übersetzung vorgetragen. Als Reader zum Festival erscheinen die Haupttexte im Konkursbuch Verlag (ca. 200 Seiten, 15 Euro).