BühneTanz

Getanzter Widerstand: „Move!_extended“ in der Fabrik Heeder

22.09.2023 - 03.11.2023
Das Herbstfestival steht unter dem Motto: „Forms of resistance and being together“. Die 22. Krefelder Tage für modernen Tanz nehmen die Schwingungen in der Gesellschaft auf.

Nicht nur die Folgen von Corona und des russischen Angriffsangriffskrieg auf die Ukraine schreiben sich in die Psyche der Gesellschaft ein. Bei „Move!_extended“ geht es auch um künstliche Intelligenz, das Erbe des Kolonialismus, Diversität und Hypersexualität. Über einen Zeitraum von sechs Wochen vom 22. September bis 3. November präsentieren neun Ensembles, davon fünf aus NRW und vier aus anderen Bundesländern, ihre Arbeiten. Dazu gibt es ein wunderschönes Angebot für Kinder sowie diverse Vermittlungsformate.

Das Leben als Balance-Akt, ein Sprung ohne Fallschirm, ein Kampf gegen die Schwerkraft, ein Strampeln im Laufrad. „Hope/Less“ heißt die hochdynamische, waghalsige und reflektierte Arbeit der Münchner Choreografin Anja Konjetzky, die das Festival am 22. September eröffnet. Ein bewegliches Metallgerüst, das mit einem grobmaschigen Netz aus Sicherheitsgurten bespannt ist, dient als Spielwiese. Hier begeben sich die vier Power-Performer*innen auf die Suche nach Identität. Risiko durch Übermut eingeschlossen. Der Titel spielt mit den Begriffen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Denn thematisch bewegt sich die Produktion zwischen zwei Polen: Hoffnung als Motor oder aber als Zustand der Passivität des Abwartens. Die international erfolgreiche Künstlerin und ihr Team haben für die Performance zahlreiche Interviews geführt.

Ruhiger gehen es die Buchautorin Nadia Shedadeh und der Choreograf Kolja Huneck an. Programm-Macherin Dorothee Monderkamp hat die beiden in einem Doppelabend zusammengebracht. Sie legt nicht nur Wert auf Vielseitigkeit bei der Themenwahl, sondern auch bei den Formaten. So liest Shedadeh an dem Abend „Lesung & Gastspiel – schönste Wege des Anti!“ aus ihrem Buch „Anti-Girl Boss. Den Kapitalismus vom Sofa aus bekämpfen“ und zeigt, dass Widerstand auch eine Übung in Gelassenheit sein kann.

Dazu passend anschließend die entschleunige Performance „CM_30“. Huneck arbeitet mit verschiedenen Scheiben von 30 cm Durchmesser, mit denen er jongliert, sie aber auch als Lichtquelle oder Reflektoren nutzt. Es entsteht ein feines Spiel aus Licht, Schatten und Farben zwischen zeitgenössischem Zirkus und Installationskunst.

Ein weiteres Highlight verspricht das Gastspiel von CocoonDance. Die Bonner Compagnie beschäftigt sich mit künstlicher Intelligenz. Choreografin Rafaële Giovanola, die sich immer neue Körperwesen einfallen lässt, interessiert sich in „Body Shots“ für Humanoiden, Androiden, Cyborgs und Avatare. CocoonDance zeigt Nachbildungen seiner Akteure – frei von jedweden Zuschreibungen. So werden diese faszinierenden Doubles ihrer selbst zu Projektionsflächen der Ängste und Wünsche des Publikums.

Außerdem im Programm: das schräge Tanztheater bodytalk mit „Koreality – (K) eine Geisterbeschwörung“ über die digitalisierte koreanische Gesellschaft. Der vom Philosophen Jürgen Habermas inspirierter Plot: Eine Berufstaucherin rettet einer Schildkröte das Leben und darf zum Dank in eine Unterwasserwelt abtauchen, in der die Grenzen zwischen Leben und Kunst verschwimmen: Digitalisierung als Verlockung und böse Täuschung.

Weitere Infos zu „Move!_extended“

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Getanzter Widerstand: „Move!_extended“ in der Fabrik Heeder

22.09.2023 - 03.11.2023

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