Auf seine Weise ist Jan Martens ein Radikaler. Seine Intensität und Sensibilität gehen unter die Haut – ob Kindesmissbrauch oder extreme Formen der Liebe. Immer treibt er sein Ansinnen bis zur Erschöpfung. Drei Jahre lang war er Residenzkünstler am Tanzhaus NRW. In dieser Zeit, 2014 bis 2016, zeigte Martens in Düsseldorf wunderbare Arbeiten wie „Victor“ oder „The Dog days are over“. Nun greift der Meister der Suggestion mit „Voice Noise“ die Unterdrückung der Frau auf am Beispiel ihrer Stimmen, die in den vergangenen rund 100 Jahren stumm geschaltet wurden.
Inspiriert von Anne Carsons Essay „The Gender of Sound“ (1995) trägt der Tanzschöpfer 15 Chansons aus der Musikgeschichte zusammen, bei denen die weiblichen Töne weggeschaltet wurden, da als überflüssig oder störend betrachtet. Sechs Tänzer*innen interpretieren und ergänzen das Singen, Summen, Schreien und Flüstern. Die älteste Stimme stammt von einer Aufzeichnung von 1935, die der farbigen Amerikanerin Ruby Elzy gehört. Martens selbst bezeichnet sein neues Stück „Voice Noise“ als ein Werk, das – jenseits von starken Rhythmen und Verausgabung – in seiner Subtilität einen Bruch mit seinen bisherigen Arbeiten“ darstellen könnte.