Neben dem Bildungsroman ist die Künstlernovelle diejenige Gattung, die die deutsche Literatur in der Weltliteratur etabliert. Seit der Wende zum 19. Jahrhundert findet sich hierzu eine Fülle von Texten, in denen das Verhältnis von Künstler*innen und Gesellschaft verhandelt wird.
Dabei untersuchen die Texte in der Regel den Prozess der künstlerischen Inspiration, loten aber auch die Frage aus, wie Kunst zu rezipieren ist. Für diese Doppelseitigkeit im beginnenden 19. Jahrhundert relevant sind vor allem die Erzählungen E.T.A. Hoffmanns. Sie beleuchten die Position des Künstlers in einer Welt, die ihn zu erfassen nicht in der Lage ist. Hoffmanns Künstler, von Wahnsinn und Tod bedroht, sehen sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Noch 100 Jahre später schreibt Kafka seine Künstlernovellen ausgehend von dieser Positionsbeschreibung.
Demgegenüber finden sich aber auch literarische Ansätze, die eine Versöhnung zwischen genialem Künstler*innenindividuum und gesellschaftlichen Umfeld in Szene setzen. Mörikes „Mozart auf der Reise nach Prag“, zum 100. Geburtstag des Komponisten geschrieben, ist einer dieser Texte. Die Novelle modelliert eine gelingende Kunstrezeption und skizziert darüber hinaus den Moment künstlerischer Inspiration.
Zur Tagung in die Thomas-Morus-Akademie lädt die Referentin Prof. Dr. Claudia Liebrand vom Institut für deutsche Sprache und Literatur in Köln unter der Leitung Felicitas Essers, Referentin für Kultur- und Gesellschaft der Akademie.