Über viele Jahrhunderte durften sich Juden nicht in Köln niederlassen. Das änderte sich erst mit der Französischen Revolution von 1794. 1797 beschloss der Kölner Magistrat die Gleichstellung der Juden. 1801 gründete sich die jüdische Gemeinde neu. Am karnevalistischen Treiben in der Domstadt, das 1823 seinen Anfang nahm, waren sie von Beginn an in verschiedenen Ämtern und Funktionen beteiligt.
Mit diesem bislang vernachlässigten Aspekt der tollen Tage vor Ort befasst sich die Ausstellung „Schalom & Alaaf. Jüdinnen & Juden im Kölner Karneval“. Im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln fächern die beiden Kuratoren Marcus Leifeld und Aaron Knappstein den Stoff in vier Sektionen auf. Es geht um Mitwirkung und Ausschluss, um Begeisterung, Zugehörigkeit und erzwungene Entfremdung – und um Wiederkehr: im Straßenkarneval, auf der Bühne, im Vereinsleben und im Exil.
Eine Galerie präsentiert über 70 jüdische Karnevalist*innen – vom berühmten Bühnenkünstler Hans Tobar bis zu Marlis Zilken, die Ende der 1920er-Jahre im Alter von drei Jahren als „Roter Funke“ den Straßenkarneval aufmischte.
Juden wie der Bankier Simon Oppenheim oder der Maler und Lithograph David Levy Elkan gehörten zum Establishment der kölschen Närrinnen und Narren. Doch zur jüdischen Erfahrung von Karneval gehörten auch Ausgrenzung und Antisemitismus – schon lange vor 1933. So begegnete der „Rote Funk“ Jacob Goldstein aus Grevenbroich tiefsitzenden Vorurteilen gegen Juden. In einem Vortrag, den er 1876 im dortigen Bürgerverein hielt, beklagte er, dass seine Generation im Deutschen Reich nach wie vor mit antijüdischen Ressentiments konfrontiert würde: „Es tut mir von Herzen leid, dass man auch heut noch gezwungen ist, dagegen anzukämpfen“, so Goldstein. Lustig war das wahrlich nicht.