

Über viele Jahrzehnte bot Europas größte Stahlschmiede in Duisburg-Rheinhausen ihren Arbeiter*innen eine sichere Anstellung, gutes Gehalt sowie eine Gemeinschaft. Umstände, für die es sich fraglos zu kämpfen lohnt. Und das tat die Belegschaft, nachdem 1987 die Schließung des Werks angekündigt wurde, in recht einmaligem Ausmaß. Monatelang sorgte der Streik für Schlagzeilen und Bilder. So etwa als eine Menschenkette von Rheinhausen bis zum Dortmunder Hoesch-Werk das Ruhrgebiet zum Stillstand brachte.
Der erbitterte Arbeitskampf berührte Menschen in der gesamten Bundesrepublik - und sogar über die Landesgrenzen hinaus. Denn internationale Berühmtheit erlangte der Arbeiterkampf durch die Besetzung einer Rheinbrücke, für die 50.000 Stahlkocher aus über 60 deutschen Hüttenwerken im Januar 1988 nach Duisburg kamen. Spontan erhielt die Brücke von den Streikenden einen neuen Namen, den sie mittlerweile auch offiziell trägt: “Brücke der Solidarität“.

Nach 160 Tagen endete der erbitterte Arbeitskampf mit einem Teilerfolg: keine Entlassungen, die Stilllegung lediglich eines Hochofens. Im August 1993 kam dann jedoch das endgültige Aus für das so bedeutende Stahlwerk in Rheinhausen. Jetzt - genau dreißig Jahre später - erinnert der Verein “Freies Archiv der Hütten- und Bergwerke Rheinhausen e.V.“ mit einer Fotoausstellung an die Demontage des Werks, den Aufstand und natürlich die Menschen dahinter.

Zur Eröffnung der Schau gab es neben persönlichen Erzählungen aus der Zeit des Aufstands auch ganz passend Flaschenbier, Arbeiterlieder auf dem Akkordeon und hohen Besuch: Die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Bärbel Bas, kehrte zu diesem Anlass in ihre alte Heimat zurück.
Eine überbordend große Ausstellung ist es nicht geworden, aber dafür erzählt jedes einzelne Bild seine eigene Geschichte und lohnt der aufmerksamen Betrachtung.
An den Kirchenwänden hängen auch Werke von Volker Wendt. Der hatte sich in den Jahren 1993 und 1994, als die Abbrucharbeiten bereits begonnen hatten, mit seinen Eltern auf sonntäglichen Ausflügen zum Hüttenwerk begeben und beeindruckende Aufnahmen des verlassenen Areals gemacht. Wendt erinnert sich an diese spannenden Reisen: “Kilometerlang konnte man durch ein Gewirr von Anlagen, Hallen und Förderbänder wandern.“

Und auch der bekannte Fotograf Michael Kerstgens zeigt eine Auswahl seiner Bilderreihe “Rheinhausen, 1987/88“. Der gebürtige Waliser hatte bereits beim einjährigen Bergarbeiterstreik der Jahre 1984/1985 in Großbritannien Erfahrungen mit Arbeitskämpfen gesammelt. Und so begleitete er während seines Studiums in Essen auch die Kruppianer fotografisch bei ihren Bemühungen, die Schließung des Werks zu verhindern. Entstanden sind berührend ehrliche Aufnahmen von Menschen in einer Zeit der Ungewissheit, aber auch des Mutes und der Gemeinschaft.
Für alle die sich fragen, wie komme ich zu dieser kleinen, aber feinen, Dokumentation eines so wichtigen Kapitels der neueren Geschichte: Einfach über die Brücke der Solidarität und danach immer geradeaus.