Im Porträt: Werner Nekes

Film
Der Filmemacher Werner Nekes (1944–2017) war ein Pionier alles Optischen und als Sammler und Bewahrer des Visuellen eine Autorität. Ein Teil seines Nachlasses wird nun von der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln betreut.

Die Fülle dessen, was in seinen verzweigten Studio-, Archiv- und Arbeitsräumen im Haus in Mülheim an der Ruhr, gehortet war und nun an drei Standorten der Republik verteilt liegt, war schon rein mengenmäßig unfassbar: außer in Nekes’ Kopf.  Die größte private Sammlung von Sehmaschinen und Bildwelten aller Art. Museale Ausstellungen konnten immer nur Teile zeigen, so etwa im Jahr 2002 das Kölner Museum Ludwig mit „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ Was Originalität, Rarität und Schönheit, Qualität wie Quantität betrifft, sucht die Kollektion ihresgleichen.

Nekes selbst drehte an die hundert Kurz- und Langfilme. Der 1944 in Erfurt geborene Künstler hat Filmpolitik gemacht, hat Hilmar Hoffmann bei der Konzeption des Frankfurter Filmmuseums beraten und mit Professuren in Hamburg, Wuppertal, Offenbach und Köln sowie Gastvorlesungen an Dutzenden europäischer und amerikanischer Universitäten Film verstehen gelehrt. Als Sammler war er Grundlagenforscher, als Filmemacher Medien-Theoretiker, als Cineast ein nüchterner Analytiker und bedächtiger Enthusiast.

1978 kam Nekes, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, zurück nach Mülheim und bezog mit seiner damaligen Frau und Kollegin Dore O. eine Parzelle in der ehemaligen Lederfabrik, die früher der Familie seiner Frau gehört hatte. Um 1968 herum schien die Stagnation in der Bundesrepublik vorüber. Nicht nur politisch und gesellschaftlich. Es sah aus, als ob Leute wie Nekes, Costard, Straub, Bitomsky und Farocki, Emigholz, Kristl oder Wyborny mehr als Hungerkünstler sein könnten. Der „Neue Deutsche Film“ kultivierte damals seine Randzonen. Der experimentelle Film aus Deutschland war in den Siebzigern der international bedeutendste. Mit 24 bekam Nekes ein „Goldenes Bambi“ für sein damaliges Gesamtwerk. Für Nekes, der in Freiburg und Bonn Sprachwissenschaft und Psychologie studierte, hatte Film – vom formalen Ansatz, vom Bildrhythmus, den Dimensionen der Bewegung und vom Einzelbild her konstruiert und organisiert – mehr mit Mathematik und Musik zu tun als mit Literatur.

Ein System optischer und akustischer Zeichen. Autonome Kunst. Nekes hat alles über seine Sammlung gespeichert und abendfüllende 35mm-Dokumentationen produziert wie „Was geschah wirklich zwischen den Bildern?“ Das „wirkliche“ Bild der Welt und das Bild des Menschen umfasst einen Radius, der – um nur wenig zu nennen – von den Brüdern Lumière und Georges Méliès bis Godard und Kubrick, von Giotto, Dürer und Leonardo bis zur Gruppe Zero reicht. Umfasst all jene, die über Phänomene des Optischen und ihre Wirkung nachgedacht, sie geformt und revolutioniert haben.

Es hat einige Jahre gedauert, bis die Erbin des 2017 gestorbenen Nekes das Vermächtnis geregelt hat. An der konzertierten Aktion des Erwerbs beteiligten sich u.a. das NRW-Kultur- und Wissenschaftsministerium, die Kulturstiftung der Länder sowie Einrichtungen in Hessen und Brandenburg. Die dezentralen Standorte, die künftig gemeinsam, nicht konkurrierend mit der Kollektion arbeiten wollen und sollen, sind die Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität Köln, das Filmmuseum Frankfurt und die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg, also Orte der Öffentlichkeit, der Forschung und Lehre.

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