Er war der beliebteste deutsche Schauspieler, Jahrzehnte lang. Unverdrossen wurde Heinz Rühmann verehrt und allein mit elf „Bambi“-Trophäen geehrt. Er war ein Lausbub, Tausendsassa und Kindskopf. Rühmann setzte „Die Feuerzangenbowle“ auf, flog als Pilot Quax seine Maschinen zu Bruch, sang und tanzte als einer von drei guten Freunden von der Tankstelle. Auch wenn die ganze Welt zusammenfiel – Heinz Rühmann wurde Teil der Ufa-Traumfabrik. Ein glänzendes Rädchen im Getriebe, das wie geschmiert lief.
Nachdem die kurzen tausend Jahre vorbei waren, hatte Rühmann es in den Wiederaufbau- und Wirtschaftswunder-Jahren zunächst schwer: sowohl politisch als Mitläufer des Nazi-Regimes und der Goebbels-Filmmaschinerie als auch wirtschaftlich, nachdem seine eigene Produktionsfirma in Konkurs ging. Ab Mitte der 50er stieg seine Popularität wieder und Rühmann spielte, was damals als Humor galt: Charleys Tante etwa, den pfiffigen Soldaten Schwejk, den weltfrommen Pater Brown, den Menschenkenner-Kommissar Maigret und etliche rührselige Komödien, in denen der Vater mit dem Sohne und der brave Mann mit der kleinen Frau sich im spät-biedermeierlichen Glück einigeln.<br><br>In seiner Alterskarriere wurden die Rollen gewichtiger, der Witz versteckter, die Melancholie größer, die Darstellung reifte, das Charakterbild brach und gewann Züge einer stillen Grundtrauer. Rühmann als Schuster Voigt in Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“, inszeniert von Helmut Käutner, oder als besonnener Kommissar Matthäi in der Dürrenmatt-Verfilmung „Es geschah am hellichten Tag“. Sein Handlungsreisender Willy Loman und sein Estragon in Fritz Kortners Beckett-Inszenierung „Warten auf Godot“ wurden als beachtliche Leistungen anerkannt.
Geboren in Essen am 7. März 1902 als Sohn eines Hoteliers und aufgewachsen in München, kam Heinz Rühmann über mehrere Bühnenstationen, darunter Max Reinhardts Berliner Theater, 1926 zum Film. Nicht sein Repertoire war eng, das wäre ja gelacht gewesen, wohl aber die Gestaltung seiner Rollen. „Humor ist Gemüt“ hat er immer wieder gesagt. Rühmann wollte „nur“ unterhalten und wählte den Clown zum Idealbild. Seine Mittel dazu waren menschliche Wärme, kauziger Spott, verschmitzter Schalk und die leisen Töne, mit denen er Dinge unter- und hinwegspielte.
Wie kein Zweiter beherrschte er den eindeutig deutschen Ton und verkörperte deutsche Wesensmerkmale, die sich schlecht internationalisieren ließen. Rühmann blieb im Großen und Ganzen ein deutsches Phänomen – anders etwa als vergleichbare Künstler wie Spencer Tracy in den USA oder Jean Gabin in Frankreich. Heinz Rühmann entlastete ein Millionenpublikum mit der Devise: „Hauptsache glücklich“. Als er mit 92 Jahren in seinem Haus am Starnberger See starb, war das Kino (auch wenn Wim Wenders ihm einen letzten Auftritt gewährte) längst über ihn hinweg gegangen.