Hans Nieswandt

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Hans Nieswandt gehört zu dem erlauchten Kreis, der den „Sound of Cologne“ geprägt hat. Dabei ist er streng genommen das, was die Kölschen Frohnaturen „Immi“ nennen: ein Zugereister. 1964 in Mannheim geboren, schlägt Nieswandt erst über den Umweg Hamburg in Köln auf. Nur um sich von dort aus als DJ in aller Welt buchen zu lassen.

Sein Metier ist eine Mischung aus Techno, House und Disco. Bei seinen ersten DJ-Jobs legte er noch Rap, Dance und New Wave auf. Mitte der 80er entflammt der Plattensammler dann in Hamburg für House: Acid, Deep oder Garage, alles seins. Hans Nieswandt interessiert sich auch für Popjournalismus und heuert als Filmredakteur bei einem Stadtmagazin an. Auflegen kann man ja auch nebenher. 1990 verbinden sich Wort und Klang: Nieswandt wird Redakteur beim Intellektuellenmusikblatt „Spex“. Drei Jahre später entscheidet er sich doch für die Musikkarriere. Schreiben kann man ja auch nebenher.

Kurz darauf erscheint mit „Fly High“ die erste Single, an der Nieswandt beteiligt ist. Bei seinen „Whirlpool“-Clubabenden ist er mit Eric D. Clark und Justus Köhncke derart erfolgreich, dass die drei unter dem Namen „Whirlpool Productions“ beginnen, Platten aufzunehmen. Seine Plattenkiste begleitet Nieswandt, wenn er durch die Clubwelt reist.

1996 landen Whirlpool Productions einen Hit: „From Disco To Disco“. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Nieswandt ist mit seinen Kollegen ständig unterwegs; ihre Gigs kombinieren sie mit DJ-Sets, die Auftritte dauern nächtelang. Erschöpft kündigen sie 1999 an, das Projekt auf Eis zu legen; ein Album später ist tatsächlich Ruhe. Für Whirlpool Productions, die posthum, 2022, mit dem Kölner Holger Czukay Ehrenpreis ausgezeichnet werden – „in Anerkennung ihres wegweisenden künstlerischen Schaffens“. Hans Nieswandt solo ist weiterhin gut gebucht. Doch das Schreiben lässt ihn nicht los. Er verkauft Artikel an Zeitungen und Magazine und schreibt die House-Erfahrungen aus den 90ern auf. Daraus wird „plus minus acht – DJ Tage, DJ Nächte“; (2002). Von 2003 bis 2015 legt Nieswandt zudem jeden Mittwoch um Mitternacht für den Radiosender 1Live auf. Es sieht so aus, als würde der Elektronomade ein wenig sesshaft werden.

Andererseits soll er deutschen Minimal Techno als Kulturgut exportieren. Denn das Goethe-Institut schickt gerne deutsche Künstler um den Globus. Nieswandt reist nach Südamerika, Südafrika und in den Nahen Osten. Immer mit dabei: eine 80 Kilogramm schwere DJ-Konsole, die ihr Besitzer zärtlich „mein Sarg“ nennt. Von diesen Touren bringt Hans Nieswandt genug Material für das nächste Buch mit. „Disko Ramallah – und andere merkwürdige Orte zum Plattenauflegen“ (2006) erzählt vom DJ-Leben in einer Umgebung, die selbst Elektropartyhoppern fremd, gar unbekannt erscheint. Inzwischen hat Nieswandt neben Bethlehem, Beirut und Brasilia auch Jakarta, Kuala Lumpur und Hanoi in seinem Gig-Navigator gespeichert.

Nebenher produziert Hans Nieswandt vier Soloalben. Und arbeitet an Remixen für andere Künstler. International, versteht sich. Aber auch mit einem Bezug zu Köln. So erfreut sich eine Karnevalshymne der Kölner Kapelle „De Höhner“ seit 1999 der Bearbeitung von Nieswandt. „Die Karawane zieht weiter“ heißt das gute Stück. Damit kennt Hans Nieswandt sich ja nun mal aus.

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