Er hat es nicht weit zur Messe. Walther Königs Hauptquartier liegt mitten in Köln, im backsteinroten Eckhaus an der Ehrenstraße. Zwar hat er die Geschäfte mittlerweile an seinen Sohn Franz übergeben. Doch kommt Walther König, auch mit 84, fast täglich zur Arbeit in Buchladen und Büro. Der Weg in den gläsernen Erker, wo sein Schreitisch steht, führt vorbei an Bücherstapeln, Bücherreihen, Büchertischen und -schränken, die Wendeltreppe hinauf. Da sitzt König – im Rücken ein Regal, in dem wohl nur er selbst sich auskennt. Und vor sich ein Tisch mit reichlich Papierkram.
Offenbar hat er weiterhin viel zu tun. Und noch mehr zu erzählen aus seinem Verlegerleben mitten in der Kunstszene. Die ältesten Geschichten führen zurück in die frühen 1960er Jahre, nach Münster, wo er mit wenig Elan Jura studierte und beim Jobben in einer Buchhandlung seine wahre Berufung erkannte. »Ich fuhr also kurz entschlossen los, um mir eine Lehrstelle zu suchen«. Er fand sie 1961 in der bald darauf boomenden Kunstmetropole Köln bei einer Topadresse: Der Bücherstube am Dom.
Zu Königs jüngsten Geschichten zählt die mit Gerhard Richter, der mal wieder angerufen habe: „Kommen sie mich doch noch einmal besuchen – ich habe auch eine Überraschung für Sie.“ Was daraus geworden ist, zieht König mit einem Griff aus dem Regal: Ein wunderschönes Künstlerbuch, in dem Richter die Abbildungen jüngster Tusche-Arbeiten mit eigenen kleinen Texten kombiniert und arrangiert hat. Ohne Zweifel liegt Königs Leidenschaft im Künstlerbuch. An die 1000 solcher von Künstlern selbst konzipierte Werke sind in seinem Verlag erschienen. Dazu rund 4000 Kataloge und Bücher über Kunst.
Mit den Künstlerbüchern hatte damals auch alles begonnen. Die erste Veröffentlichung dieser Art war ein Buch von Franz-Erhard Walther, das König 1968 noch gemeinsam mit seinem in Künstlerkreisen ebenfalls berühmten Bruder verlegen konnte. Kasper König wohnte seinerzeit in New York und knüpfte die Kontakte. Derweil sich Walther in Köln mit seinem ersten kleinen Ladenlokal in der zentralen Breite Straße etablierte.
Für einen Start als Kunstbuchhändler und -verleger hätte es in den späten 1960er und 1970 Jahren tatsächlich wohl kaum einen glücklicheren Ort geben können. Wichtige Galerien machten auf, der Kölner Kunstmarkt wurde gegründet, die internationale Avantgarde tummelte sich am Rhein. Und alle schauten sie vorbei bei Walther König. Auch US-Größen wie Carl Andre oder Bruce Nauman, die in hiesigen Galerien Ausstellungen einrichteten. Thomas Schütte verewigte sich gar mit einer himmlischen Deckenmalerei in dem Ladenlokal. Das wurde aber irgendwann einfach zu eng für Königs Ambitionen. 1981 zog er deshalb um, ein paar hundert Meter weiter in das Eckhaus an der Ehrenstraße.
Bis heute werden am ersten Standort an der Breite Straße unter Schüttes Himmel Postkarten und Museumsshop-Artikel angeboten. Während hinter Backsteinmauern in der Ehrenstraße alle Fäden zusammenlaufen – seit mehr als 40 Jahren. Mittlerweile sind es recht viele. König ist in dieser Zeit mächtig expandiert. Es gibt wohl keine größere Stadt in Deutschland ohne einen König-Buchladen, kaum ein größeres Museum ohne König-Shop. Dazu einige Ableger im europäischen Ausland.
Der Laden läuft. Die prominent besetzte Liste der Veröffentlichungen wächst und wächst. Dass darauf über die lange Zeit immer wieder dieselben Namen auftauchen, erklärt König mit seinem Geschäftsmodell. »Wir führen unseren Verlag ein bisschen wie einen literarischen Verlag – versuchen, Künstler früh zu entdecken, in der Hoffnung, dass sie uns treu bleiben«. Ein gutes Beispiel: Isa Genzken. »Wir haben die allerersten Bücher mit ihr verlegt, von denen wir damals vielleicht 100, 150 Exemplare verkaufen konnten. Jetzt hat Genzken in der Nationalgalerie in Berlin ihre große Ausstellung zum 75. Geburtstag – den Katalog dazu wollte sie mit uns machen.«
Die kontinuierliche Zusammenarbeit findet der Verleger »wunderbar«. Die allermeisten Künstler*innen nähmen so ein Künstlerbuch extrem wichtig, so König. »Die Zeit und die künstlerische Leistung, die sie da hineinstecken, ist oft ganz enorm.« Und die Verbindung, die man als ein Projekt begleitender Verleger haben könne, sei in der Regel viel enger als die eines Galeristen zu seinen Künstler*innen. »Man hilft, ein Kunstwerk zu schaffen, ist Partner, begleitet die Arbeit«, schwärmt König. »Ich habe in meinem Leben wirklich viel Glück gehabt«, stellt König fest, »extrem viel Glück«. Und nun noch die Ehre: Dass er den Art Cologne Preis bekomme, das habe ihn überrascht und wirklich sehr gefreut.