„Im Westen nichts Neues“ mit vier Oscars ausgezeichnet

Film
Die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ hat nach sieben Preisen bei den British Academy Film Awards nun auch noch vier Academy Awards erhalten. Darunter finden sich auch die Oscars für den besten internationalen Film sowie für die Filmmusik von Hauschka.

Schon in den 30er Jahren hatte der Propaganda- und Krawall-Minister Joseph Goebbels ‚spontane’ Aktionen in den Kinos gegen die Verfilmung von „Im Westen nichts Neues“ organisiert. Zuvor ließ er Remarques Roman ins Feuer zu den anderen zu verbrennenden Büchern werfen. Darin schreibt Remarque aus der Perspektive des Ich-Erzählers Paul Bäumer. Der Gymnasiast meldet sich 1917 zusammen mit Klassenkameraden, darunter sein Freund Stanislaus ‚Kat’ (Albrecht Schuch) freiwillig, obwohl da doch längst die Euphorie und der Glaube an einen schnellen Sieg verflogen sind. Wir sollen unmittelbar aus den Augen des Rekruten (Felix Kammerer) das Grauen der Front, den Stellungskrieg in den Schützengräben, den Morast, den schmutzigen Tod erleben.

Aber die Kamera als verlängertes Auge Bäumers macht sich selbstständig, hebt ab, fliegt in die Höhe, spielt sich unter Regie von Edward Berger auf. Der will bombastisches Kino machen, wie das Genre es durchexerziert, nicht erst von Steven Spielbergs „Soldat Ryan“ bis Christopher Nolans „Dunkirk“, sondern schon etwa in Stanley Kubricks „Wege des Ruhms“, die ebenfalls über die Kriegsgebiete 1914 bis 1918 gehen. Also gibt es graufarbige Schlachtengemälde mit Leichenfeldern, Panzerkolonnen, Flugzeugattacken und perfekt montierte Bildmotive mit schrecklichen Stillleben.

Paul Bäumer gerät dabei aus dem Blick. Er und die Anderen verwandeln sich unter den Schrecken von Gewalt, Lärm, Feuer, Sprengsätzen, Blut und Angst in, wie Remarque es nennt, „Menschentiere“, die „auf eine sonderbare und schwermütige Weise verroht“ sind. Die Kameradschaft von Paul und den anderen Jugendlichen erscheint bei Remarque als das einzig Positive.

Allein, was wir als Zuschauer im Gedächtnis bewahren, ist das Entsetzen in den blauen Augen der reinen Unschuldsmiene von Felix Kammerer, die zusehends von Dreck und Schlamm verkrustet. Paul wird als letzter seiner Gruppe fallen. Die Gegenwelt, die das Buch so nicht aufruft, ist die der Hohen Politik und Diplomatie. Edward Berger führt in den Wald von Compiègne, wo in einem Eisenbahn-Salonwagen der deutsche Matthias Erzberger (Daniel Brühl) als Bevollmächtigter der Reichsregierung und die Franzosen und ihre Alliierten über den Waffenstillstand verhandeln, der Voraussetzung sein wird für den Vertrag von Versailles.

Remarque wählt für seinen „Bericht“ eine einfache, nüchterne Sprache, die manchmal ein resignativer Ton, Melancholie und Pathos durchweht. Edward Bergers Zweieinhalbstunden-Film wählt eine ganz andere Bild-Sprache: üppig, kalorienreich, fettgesättigt, als bedürfe es eines solchen martialischen Naturalismus des Schlimmer, des Mehr und immer Mehr, der nur zur Abstumpfung führt.

Köpfe
Hauschka
Hauschka alias Volker Bertelmann hat den Oscar gewonnen! Mit seiner Musik für den Film „Im Westen nichts Neues“ hat der Düsseldorfer Komponist seinen ersten Academy Award in der Tasche.

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