Kunst

"Remix. 800 Jahre Kunst" zu entdecken im Museum für Kunst und Kulturgeschichte

24.02.2023 - 02.02.2025
Veranstaltungsort
Museum für Kunst und Kulturgeschichte
Bald werden die Türen schließen. Denn im Museum für Kunst und Kulturgeschichte stehen Sanierungsarbeiten und eine Neustrukturierung an. Bis es so weit ist, gibt das Haus noch einmal sein Bestes: Malerei aus 800 Jahren, aufgemischt in der Ausstellung "Remix".

"Remix. 800 Jahre Kunst" heißt es im Titel der Schau, die Kunst aus dem Bestand des Museums präsentiert. Werke von der mittelalterlichen Romanik bis zum Jugendstil zeigen sich neu abgemischt in Räumen, die jeweils einzelnen Epochen gewidmet sind.

Der Rundgang startet im Mittelalter mit Heiligen und biblischen Geschichten. In den Städten des mittelalterlichen Europas begegnete man den christlichen Bildwerken auf Schritt und Tritt. Sie zeigten Herrscher und Heilige, transportierten Gefühle, erweckten Mitleid, führten die biblischen Geschichten vor Augen. Die Ausstellung in Dortmund versammelt unterschiedlichste Beispiele mittelalterlicher Bildkunst – man begegnet einer Madonna neben der anderen, Kruzifixen und geschnitzte Engeln,  einem Alabasterrelief…

Die elegante Gottesmutter von Conrad von Soest oder seiner Nachfolge passt perfekt hierher. Und sie erzählt noch dazu ein bedeutendes Stück Stadtgeschichte. Denn Conrad ist in Dortmund geboren und unterhielt mitten in der Stadt seine florierende Werkstatt. Vor Ort gab es wahrscheinlich keinen Kollegen, der sich mit ihm messen konnte. Ein echter Trendsetter muss der Maler gewesen sein, der wesentlichen Anteil daran hatte, dass sich der höfische Stil der Spätgotik in Westfalen und Norddeutschland verbreitete.

 

Ein schönes Beispiel bietet auch die Tafel von Adriaen Isenbrandt. In altniederländischer Tradition erzählt der Künstler um 1530 die Geschichte rund um das "Gebet am Ölberg" und inszeniert das Geschehen in drei Episoden, die er im Bildraum verteilt - fast wie ein Comic.

Das zweite "Remix"-Kapitel reicht von der frühen Neuzeit bis zum Klassizismus. Die ausgewählten Werke in Dortmund machen klar, was die Epoche prägte: Austausch, Handel, Wissenschaft. Viele Neuerungen in der Kunst kamen damals aus den Niederlanden - Amsterdam war im 16. und 17. Jahrhundert ein wichtiges Kunstzentrum. Bis zu 70.000 Gemälde wurden dort pro Jahr "produziert". Neu im Sortiment: Stillleben, mit denen reiche Bürger*innen ihr Haus schmückten. Pieter Claesz gehörte zu den gefragtesten Vertretern des Genres. Das MKK kann ein Beispiel seiner Kunst bieten: Weinglas, Zinnteller und einen umgekippten Pokal arrangiert der Maler da auf einem mit weißem Tuch gedeckten Tisch zum täuschend echten Snack.

Das dritte Kapitel führt ins 19. Jahrhundert und ist der Romantik und dem Biedermeier gewidmet. Eine Sehnsucht nach Gemeinschaft, Ordnung, Religion macht sich breit. Und das Bürgertum tritt den Rückzug ins Private an. All das zeichnet sich auch in den Werken der Ausstellung ab. Sehr deutlich in Caspar David Friedrichs "Winterlandschaft mit Kirche". Klein und unscheinbar sieht man einen betenden Mann im Schnee sitzen. Wichtiger jedoch scheint die Umgebung: Nadelbäume im Vordergrund, weiter hinten die Türme einer gotischen Kirche. Dunst, der sich nach oben hin lichtet und orange-rosa färbt. Friedrich war ein Meister, wenn es darum ging, die Landschaft mit Gefühl und Bedeutung aufzuladen.

Nicht weit von Friedrichs romantischem Rückzug hängt "Die Familie Felix Henri du Bois-Reymond", gemalt 1832 von Louise Henry. Traut um den runden Tisch sitzen Mutter, Vater, Kinder. Sie gehen bildungsbürgerlichen Beschäftigungen nach und fühlen sich offensichtlich wohl in der vermeintlich heilen Welt daheim – typisch Biedermeier.

Im vierten Ausstellungskapitel haben sich romantische Innerlichkeit und biedermeierliche Beschaulichkeit überlebt. Mit dem Realismus halten der Alltag und das einfache Leben Einzug in die Kunst. Gefragt sind nun Bilder, die sich dicht an die Wirklichkeit halten. Themen, die zuvor als unbedeutend erachtet wurden, kommen nun zu Ehren: Einfache Arbeiter, das ländliche Leben oder auch ein kunstvoll auf die Leinwand gebrachter Faltenwurf. "Remix" zeigt diverse Facetten des Realismus.

Das fünfte Kapitel blickt auf den Impressionismus, der nicht nur in Frankreich die Runde machte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und auch noch Jahrzehnte danach war er in ganz Europa angesagt. In der Ausstellung gibt es einige spannende Exempel der deutschen Variante zu entdecken. Darunter Lovis Corinths Farbenmeer der "Ostsee": Im Sommer 1902 brachte der Maler, vielleicht inspiriert von Gustave Courbets Wellenbildern, jene wunderbare Wasser-Landschaft auf die Leinwand. Sicher ein Höhepunkt in der Dortmunder Sammlung. Mit Pinselhieben und pastoser Farbe schlug sich Corinth mit dem wilden Meer herum, gab die Gischt fast im Relief. Was ist wichtiger: Das Meer oder die Malerei? Geht es um die Gischt oder vielleicht vielmehr noch um Gefühle?

Der Parcours endet mit dem Jugendstil - um 1900 boomte er Dortmund. Die junge Großstadt wurde zum Industriestandort und wuchs rasant. "Remix" präsentiert eine kleine Auswahl aus der großen Jugendstilsammlung des MKK und konzentriert sich auch hier auf Werke der bildenden Kunst, die den Zeitgeist spiegeln - in Dortmund und anderswo. Ästhetik in allen Bereichen könne zu Frieden und Zufriedenheit beitragen, die Welt besser machen, so die Überzeugung der neuen Gestalter. Die Künstler*innen des Jugendstil spezialisierten sich deshalb nicht auf ein bestimmtes Metier, sondern wurden in unterschiedlichen Sparten kreativ.

Ein gestalterischer Tausendsassa war auch Hans Christiansen - Maler, Kunsthandwerker und lange Mitglied der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt. In der "Remix"-Ausstellung kann man ihn als Bildnis-Maler kennenlernen. Christiansens "Porträt der Aenne Glückert" zeigt eine elegante und etwas distanzierte junge Dame aus der besseren Gesellschaft in Dortmund. Ihren flauschigen Pelz hat die Industriellen-Gattin abgelegt und über den Arm gehängt, die modische Hochsteckfrisur verbindet sich mit dem dunklen Bildgrund.

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"Remix. 800 Jahre Kunst" zu entdecken im Museum für Kunst und Kulturgeschichte

24.02.2023 - 02.02.2025
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