
Heinrich Schliemann entdeckte die Ruinen von Troja. Howard Carter fand das Grab des Tutanchamun im Tal der Könige. Und Ludwig Borchardt grub die Büste der Nofretete aus. Wer die Sternstunden der Archäologie Revue passieren lässt, mag den Eindruck gewinnen, außerordentliche Entdeckungen seien das Privileg der Männer gewesen. Ein Irrtum, wie jetzt eine Wanderausstellung im LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Herne beweist.
Die Schau „Ein gut Theil Eigenheit – Lebenswege früher Archäologinnen“ belegt, dass Frauen hierzulande von Beginn an eine wichtige Rolle in der Altertumswissenschaft spielten. Doch ähnlich wie zahlreiche bedeutende Denkmäler der Antike vom Geröll der Geschichte zugeschüttet wurden, um erst in jüngerer Vergangenheit wieder ans Licht zu treten, erging es auch den weiblichen Beiträgen zur Archäologie: Erst in jüngster Zeit wird ihnen wieder jene Beachtung zuteil, die sie verdienen. Maßgeblichen Anteil daran hat das Forschungsprojekt „AktArcha – Akteurinnen archäologischer Forschung zwischen Geistes- und Naturwissenschaften: im Feld, im Labor, am Schreibtisch“.
Dessen Initiatorinnen, Elsbeth Bösl und Doris Gutsmiedl-Schümann von der Universität der Bundeswehr München, haben nun auch die Ausstellung kuratiert, die in Herne zu sehen ist. Im Mittelpunkt stehen neun Biografien deutscher Ausgräberinnen, Forscherinnen und Sammlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts. Ergänzt wird die Präsentation idurch eine virtuelle Ausstellung.
Eine von ihnen ist Thekla Crescentia Sedlmaier (1802–1880). Ihre kolorierten Zeichnungen zahlreicher frühmittelalterlicher Funde, die 1844 in Nordendorf (Landkreis Augsburg) gemacht worden waren, fanden wegen des Detailreichtums und ihrer Akkuratesse 1859 lobende Erwähnung im fünften Band von Gustav Klemms Werk „Die Frauen. Culturgeschichtliche Schilderungen des Zustandes und des Einflusses der Frauen in den verschiedenen Zonen und Zeitaltern“.
Auch Berta Segall (1902–1977) zählt zu jenen weitgehend unter dem Radar gebliebenen Frauen, die Wesentliches zu ihrer Disziplin beigetragen haben. Die jüdische Archäologin und Kunsthistorikerin war vor dem Zweiten Weltkrieg mehrere Jahre für das Museum Benaki in Athen tätig. 1933 hatte sie Deutschland verlassen, entging damit den direkten Auswirkungen des nationalsozialistischen Rassenwahns und rettete auf diese Weise wohl ihr Leben. Ihr „Katalog der Goldschmiedearbeiten“ des Museum Benaki, veröffentlicht 1938, gilt noch heute als Standardwerk zum Thema.
In der Nachkriegszeit erwarb sich beispielsweise Gertrud Dorka (1893–1976) besondere Meriten. Die Direktorin des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte rettete zahlreiche archäologische Exponate aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges und trieb deren naturwissenschaftliche Untersuchungen voran. Ihr zu Ehren gibt es in Berlin-Neukölln den „Gertrud-Dorka-Weg“.