
Bei der Ruhrfestspiele-Präsentation „Mensch und Form unserer Zeit”, die 1952 in der Kunsthalle Recklinghausen gezeigt wurde, begegnete das Publikum ungewöhnlichen Ausstellungs-Arrangements. In dem umgebauten Hochbunker am Bahnhof, 1950 als Kunsthalle in Betrieb genommen, waren Alltagsgegenstände wie ein Brotschneide-Gerät, ein Drehstuhl oder eine Waschmaschine in trauter Nähe zu einer Plastik des britischen Bildhauers Henry Moore platziert worden. Eine Inszenierung, mit der die Kunsthalle Recklinghausen die traditionelle Hierarchie der Dinge im musealen Kontext außer Kraft setzte.


Die damalige Vorreiterrolle bei zeitgemäßen Ausstellungsinszenierungen betont die aktuelle Schau „Die Anfänge: Radical Innovations“ zum einen durch rekonstruierte Ausstellungsarchitekturen der 1950er Jahre, zum anderen durch abstrakte Werke, die dem damals tonangebenden Informel angehörten. Dieser Stilrichtung fühlte sich auch die Recklinghäuser Künstlergruppe „junger westen" verpflichtet. Neben männlichen Vertretern wie Gustav Deppe, Emil Schumacher und Heinrich Siepmann würdigt die Jubiläumsschau im Mittelgeschoss nun auch Künstlerinnen wie Hal Busse, Natalia Dumitresco und Sigrid Kopfermann. Sie waren bereits in den 1950er Jahren bei Ausstellungen in der Kunsthalle vertreten, gerieten jedoch später in Vergessenheit.


Loslösung von der Wand als traditionellem Bildträger, freie Positionierung von Kunstwerken im Raum, Einsatz von Textilien und geschwungenen Wänden, filigrane Vitrinen, die den Geist der Nierentisch-Ära atmen, nicht zuletzt verfremdete Stühle als kuriose Kulisse zur Präsentation von Kunst – diese Elemente markierten eine deutliche Abkehr von der rigiden Ausstellungsästhetik der NS-Zeit.


