Das gesamte, weitläufige Gelände hält den Anspruch eines modellhaften Ensembles. Die Stiftung hinter Schloss und Park Dyck widmet sich als „Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur“ der vielleicht nachhaltigsten unter den Kultursparten: Der Landschaftsgestaltung und der Entwicklung von naturnahen Flächen mit von Menschen gestalteten Blütenformationen. Teilbereiche dienen als lehrreiche Mustergärten, in denen sich der Otto-Normal-Grundstücksbesitzer abschauen kann, wie er seine Grün-, Grau- oder Kiesflächen in eine ästhetisch und ökologisch anspruchsvolle Gartenarchitektur umbaut. Hier trifft der exotische Bambus auf die Natursteinmauer, die einen Wasserlauf in seinem Bett hält. Obstgehölze begrenzen knietief die Beete, in denen Kohlköpfe zur Zierde wie zur Ernte wachsen. Wie verzaubert und hübsch.
Seinem Garten inmitten des „Dycker Ländchens“, wie es in der Gegend heute genannt wird, hatte sich Fürst Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1773-1861) Zeit seines Lebens gewidmet. Der Familie zu Salm-Reifferscheidt-Dyck gehörte das Anwesen seit 1094, als ein „Hermannus de Dicco“ in den historischen Unterlagen auftaucht. Altgraf Joseph, erst später zum Fürsten erhoben, hatte sein Herz an die Botanik verloren. Er sammelte sein Wissen in Büchern und auf Reisen, gab eine ganz Reihe eigener Werke heraus, etwa das über seinen eigenen „Hortus Dyckensis“.
Mit den besten Gartenarchitekten seiner Zeit baute er den damaligen Barockgarten zum englischen Landschaftsgarten um. Der Schotte Thomas Blaikie plante die Anlage, die beiden Rheinländer Maximilian Friedrich Weyhe und Peter Joseph Lenné ergänzten sie. Ihre Könnerschaft ist bis heute spürbar, kein Baum scheint am falschen Platz, nichts stört. Die Blickachsen bieten dem Auge Zielpunkte in grün-bunter Harmonie. Sehr passend also, dass Schloss Dyck zu den beliebtesten Hochzeitslocations der Region gehört, die malerische Barockbrücke längst „Hochzeitsbrücke“ genannt wird.
Dabei ist die Endlichkeit alles Lebenden immer auch Teil der Szenerie. Während draußen die Bäume unter ihrem stattlichen Alter und dem zunehmenden Klimastress leiden, haben sich im Schloss die ehrwürdigen Bibliotheksvitrinen gelehrt. Einst gehört die Sammlung von etwa 16.000 Büchern zu den renommiertesten Privatbibliotheken überhaupt, gerade zu den botanischen Themen, aber auch mit hoher Dichtkunst, war doch Josephs zweite Gattin, die Französin Constance, eine hochgebildete Literatin. Das Ende der Sammlung kam erst in den 1990er Jahren, als sie bei einer Versteigerung in alle Welt verstreut wurde. Die Sentimentalität beim Gedanken daran weicht auch vor den Gemälden zwischen den Vitrinen nicht. Sie zeigen weitere zauberhafte Schlösser der Familie. Manch eines davon existiert heute nur noch auf diesen Bildern.
Die letzte Hausherrin Marie Christine Gräfin Wolf Metternich, geborene Altgräfin von Salm-Reifferscheidt-Dyck, hatte ab 1999 Gebäude und Park in die öffentlich getragene Stiftung Schloss Dyck übertragen. Diese transferiert seitdem das niederrheinische Kleinod in die Gegenwart, mit regelmäßigen Events, Kulturveranstaltungen und als Trägerin für internationale Gartenprojekte und -netzwerke. Im Rokoko-Glanz des Wasserschlosses finden regelmäßig Ausstellungen statt, etwa Fotoschauen berühmter Gartenfotografen. Kameras waren früher einmal öfter Gast hier, war es doch bis 2001 Filmkulisse einer ARD-Vorabend-Soap. Seitdem hat sich viel getan auf dem Gelände. Die einst einsturzgefährdete Remise ist zu einem schicken kleinen Hotel umgebaut worden, Spielplatz und Kletterpark machen auch den jüngsten Gästen Lust aufs Wandeln im Schlosspark. Und sogar Museumsshops gibt es. Wenn sich am Ausgang das Bilderbuch wieder schließt, geht es daher mit Blumen, Äpfeln und reichlich Inspirationen wieder zurück aufs eigene Grundstück.
Ausflugstipps
Kulturraum Hombroich: Wenige Fahrminuten mit Fahrrad oder Auto entfernt liegt das Museum Insel Hombroich mit der Raketenstation Hombroich und der Skulpturenhalle Neuss des Künstlers Thomas Schütte. Eine einzigartige Kombination von Landschaftsgestaltung und Kunstvermittlung.
Tagebau Garzweiler: Eine andere Art der Landschaftsgestaltung von menschlicher Hand lässt sich südwestlich von Jüchen besichtigen. Die Aussichtspunkte Jüchen-Hochneukirch/Garzweiler Nord oder der Aussichtspunkt Jackerath mit der Skywalk-Anlage lassen tief in die riesigen Tagebauflächen blicken.