Der Schriftsteller und Comic-Zeichner lebt und arbeitet zurückgezogen in Hamburg; Pressefotos oder öffentliche Auftritte in Talkshows gibt es nicht. Im Internet kursieren zwei Fotos – das eine ist eine Aufnahme von 1994, das andere zeigt ihn mit Mütze und Sonnenbrille beim Zeichnen.
Walter Moers tritt als Person konsequent hinter sein Werk zurück und lässt die von ihm geschaffenen Comic-Charaktere für sich sprechen. Diese könnten unterschiedlicher nicht sein, wie z.B. Das kleine Arschloch und Käpt’n Blaubär. Das kleine Arschloch taucht bereits in den 1980er Jahren vereinzelt in Moers’ Comic-Bänden auf; richtig Aufmerksamkeit bekommt es aber erst 1990 mit einem eigenen Comic-Band. Der kleine, altklug-ordinäre Nervtöter ignoriert konsequent die Grenzen des guten Geschmacks, wird mit dieser Masche zur deutschen Comic-Figur der 1990er Jahre und schafft sogar den Sprung auf die Kinoleinwand, wo er Tiere quält, der Rentnerin von nebenan nachstellt und mit dem „Alten Sack“ einen mosernden Großvater und Bruder im Geiste an seiner Seite hat, gesprochen von Helge Schneider.
Ähnlich anarchistisch-unkorrekt ist Moers’ Figur „Adolf, die Nazi-Sau“, ein lächerlicher Führer, der von der heutigen Welt total überfordert ist, und den Moers in den entsprechenden Comics auf die Popkultur loslässt – Adolf kocht bei Alfred Biolek oder kommt in der Gameshow „Glücksrad“ nicht auf die Wortlösung „Blitzkrieg“. Zum Erfolg trug auch Youtube bei – der Clip, in dem Adolf in seinem Berliner „Bonker“ sitzt und nicht kapitulieren will, wurde tausendfach angeklickt und weiterempfohlen.

Walter Moers, 1957 in Mönchengladbach geboren, kann aber auch anders. Anfang der 1990er Jahre entwickelte er „Käpt’n Blaubär“ für die „Sendung mit der Maus“ – es entstanden 104 Folgen des flunkernden Seefahrers in einer Mischung aus Puppen- und Zeichentrick. Das Publikum aller Altersstufen war begeistert, zudem wurde die Sendung mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. Dennoch veräußerte Moers die Rechte an den Fernsehfiguren an den Produzenten WDR, weil er mit deren Entwicklung nicht einverstanden war.
Er beginnt, eine neue, literarische und fantastische Welt zu schaffen "Zamonien". Auch der Blaubär findet hier, neben vielen anderen skurrilen Charakteren und Figuren, seinen Platz. „Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär“ heißt der erste Roman der Reihe, die Moers neben dem Schreiben auch noch mit detaillierten Tuschezeichnungen aufwändig illustriert. Dieses Paralleluniversum ist bevölkert mit merkwürdigen Kreaturen wie dem echsenhaften Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, der Berghutze Fredda, einäugigen Buchlingen, Buntbären, Kratzen, Schrecksen, Tausendfüßlerspinnen oder Haifischmaden.
Und er probiert weiter Dinge aus, die sich sehr weit vom kleinen Arschloch und den entsprechenden Kollegen entfernen – das Werk „Wilde Reise durch die Nacht“ beispielsweise. Die dort verwendeten historischen Stiche des französischen Malers und Illustrators Gustave Doré (1832-1883) könnten ein Vorbild für die fantastische Welt Zamonien sein – voller Drachen, Harpyien und merkwürdiger Figuren. Walter Moers hat die historischen Abbildungen zeichnerisch nicht verändert, sondern neue Geschichten dazu geschrieben. Eine Ergänzung, die Dorés „Wilde Reise durch die Nacht“ fast zu einem neuen, großen Comic werden lässt.