Von Omi Hildes Kartoffelknödel bis Yoga-Ernährung: Das Deutsche Kochbuchmuseum

Literatur
Wer bei Dortmund nur an Fußball, Bier und Bergbau denkt, hat die Rechnung ohne den Wirt – oder besser: ohne den Koch gemacht. Denn auch das Deutsche Kochbuchmuseum ist in Dortmund Zuhause und stellt in seiner Präsenzbibliothek am Ostwall über 13.000 Rezepte, Ratgeber und Handschriften aus anderen Zeiten aus: von Alltagsküche und Traditionsgerichten, Benimmregeln und exotischen Zutaten bis hin zu üppigen Festmahl-Rezepten finden Hobbyköche und Ernährungsinteressierte hier jede Menge alte Schätzchen.

Im Deutschen Kochbuchmuseum in Dortmund können Besucher*innen nicht nur in Rezepten aus längst vergangenen Zeiten stöbern, sondern auch die Kulturgeschichte des Essens entdecken. Seit seiner Gründung 1988 als Dependance des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte ist das Museum eine Schatzkammer für mehr als 13.000 Kochbücher, Zeitschriften, Handschriften und Ratgeber. Vom ältesten Exemplar aus dem Jahr 1699 bis zu aktuellen Rezepten bietet die Sammlung mit den Schwerpunkten Geschlechterrollen, gesunde Ernährung und Esskulturen Einblick in die Küchen vergangener Jahrhunderte.

Ein Kochbuch ist weit mehr als nur die Sammlung von Rezepten, betont Mira van Leewen, Leiterin des Museums: „Kochbücher sind Zeitdokumente, die uns viel über die Vergangenheit erzählen – über die Menschen, ihre Lebensweise und die damalige Versorgungslage.“ Sie spiegeln gesellschaftliche Normen, Werte und Ernährungsgewohnheiten wider. Im Herzstück des Museums, der Kochbuchbibliothek, findet man in den hundert Jahre alten Büchern allerlei Kuriositäten – von Rezepten für die adäquate Zubereitung von Elefantenherzen (bitte nur in Salzwasser kochen!) bis zum Elfenkraft-Kochbuch (Wie wär’s am Wochenende mit Koboldkessel und Wichtelknödeln?). Unter den Besucher*innen tummeln sich laut van Leewe neben Ernährungsinteressierten und Forscher*innen immer auch Menschen auf der Suche nach dem einen ganz bestimmten Rezept. Wie man etwa die perfekten Kartoffelknödel zubereitet, eine Gans stopft oder einen Wurstteller dekorativ anrichtet, erzählt uns die traditionelle Küche des 19. Jahrhunderts – inklusive damaliger Rollenbilder der Frau.

Eine besondere Überlegung gilt der Vorbereitung der Festtafel. Die etwas steife Förmlichkeit von Damastschimmer, Silberglanz und Kristallglitzer ist [...] längst nicht mehr obligatorisch. Ein farbiges Tafeltuch ist eine höchst reizvolle Ergänzung.
Aus: Menü für festliche Tage (1978)

Darunter auch das „Praktische Kochbuch“ von Henriette Davidis, die für das Museum eine ganz besondere Rolle spielt. Sie war eine der bekanntesten Kochbuchautorinnen ihrer Zeit und verbrachte 20 Jahre ihres Lebens in Dortmund. Davidis war nicht nur erfolgreiche Autorin, sondern auch eine leidenschaftliche Verfechterin der Haushaltskunst. In ihrem Werk kombinierte sie praktische Rezepte mit nützlichen Haushalts- und Ernährungstipps, die sowohl den bürgerlichen als auch den landwirtschaftlichen Haushalt ansprachen. Damit stellt sie sich in die Kochbuchtradition des 19. und 20. Jahrhunderts, in der neben Rezepten, vor allem auch detaillierte Informationen zu einzelnen Nahrungsmitteln, Anleitungen zum adäquaten Gedeck sowie Benimmregeln Einzug in die Bücher fanden.

Ein seines Wohlgeschmackes, seines Nährwertes und seiner vielfältigen Verwendbarkeit wegen sehr geschätztes Nahrungsmittel ist das Ei. Die bei uns hauptsächlich in Betracht kommenden Eier sind die des Huhns, der Ente und der Gans.
Aus: „Das Reich der Hausfrau“ (1911)

Wer die deutsche Kurentschrift beherrscht, dürfte besondere Freude an den alten Handschriften finden, die man ebenfalls in der Bibliothek entdecken kann. Die handgeschriebenen Rezeptsammlungen bergen sicherlich das ein oder andere kulinarische Highlight. Doch natürlich ist auch die moderne Küche vertreten. Heutzutage ist das Kochen vor allem mit einem bestimmten Lifestyle verbunden, werden die Bücher immer stylischer und orientieren sich an speziellen Designs und Ernährungs-Communities von Veganismus über Ayurveda bis Paleo.

Das Kochbuchmuseum ist also ein Ort für all jene, die sich für die Geschichte des Kochens in seinen gesellschaftlichen Zusammenhängen interessieren. In regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen bringen van Leewe und ihr Team aus Ehrenamtlichen Besucher*innen die Kultur des Kochens nahe – ob bei Stadtspaziergängen auf Davidis‘ Spuren, gemeinsamen Koch-Events oder Thementagen zu speziellen Gewürzen werden alte Rezepte lebendig und Erinnerung an vergangene Zeiten wach.

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