Im Porträt: Tom Tykwer

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Von "Lola rennt" bis "Babylon Berlin": Der gebürtige Wuppertaler Tom Tykwer ist so etwas wie der Regisseur der Berliner Republik. Und einer der kreativsten und formal interessantesten Filmemacher.

Vielleicht ist der Welterfolg von „Lola rennt“ ein bisschen auch ein Missverständnis gewesen. Der Film ist rasend schnell, ein visuelles Abenteuer. Als Liebesgeschichte bleibt er aber etwas hinter der Leidenschaft des Regisseurs für technische Ideen und deren brillante Umsetzung zurück. Wie hier Berlin zum Hauptdarsteller wird, im Jahr Neun nach der Wende, ist beeindruckend. Wie Biografien, Episoden, Randerscheinungen beim atemlosen Lauf durch die große Stadt aufgeschnappt und in Sekundenschnelle getaktet werden, ist geradezu sensationell. Aber typisch ist es für Tom Tykwer nicht. „Lola rennt“ war ein Experiment, das – darin ähnlich Godards „Außer Atem“ – zum Massenerfolg und Ausweis deutscher Kino-Kreativität wurde.

Filmvorführer war der 1965 in Wuppertal geborene Tykwer in jungen Jahren. Später betrieb er ein Kino in Berlin, wo er heute lebt. Tom Tykwer ist dem Kino verfallen und als Cineast ein bedächtiger Erzähler. Das Melodram ist seine Ausdrucksform, ein Genre, das in der Regel keine Hektik und permanente Hochspannung verträgt. Aber das Verblüffende ist allen seinen Filmen gemeinsam: als dramatische Wendung, als Kamera-Einstellung, durch physische Natürlichkeit oder emotionale Feierlichkeit. Nach zwei Kurzfilmen dreht Tykwer 1993 sein Spielfilm-Debüt „Die tödliche Maria“, drei Jahre später „Winterschläfer“. Zwischendurch hatte er, gemeinsam mit Stefan Arndt, Wolfgang Becker („Das Leben ist eine Baustelle“) und Dani Levy („Alles auf Zucker“), die Produktionsfirma „X Filme Creative Pool“ gegründet, die zu Deutschlands erfolgreichsten Produktionsadressen geworden ist.

Von Tykwers Originalität ließ sich von Beginn an nicht absehen, auch und weil er sich anfangs noch sehr der Zitatmaschine Kino bediente. Themen und Motiv lagen sogleich fest: himmelstürmende Sehnsucht (wie in seinem betörend schönen Film „Heaven“); Obsession (wie in seiner Literaturverfilmung von Patrick Süskinds „Das Parfum“) und die Liebe als Lebensrettungsmaßnahme und erlösende Kraft (wie in seiner düster-romantischen, Wuppertal zum Leuchten bringenden Traumgeschichte „Der Krieger und die Kaiserin“ mit Franka Potente und Benno Fürmann). Zehn Jahre später, 2010, hat er wieder nach eigenem Drehbuch einen deutschen Film gedreht: "Drei“, eine Berliner Liebesgeschichte im Dreieck von zwei Männern und einer Frau, als tragikomische Chronik der Befindlichkeit im neuen Jahrtausend.

Der zweimalige Deutsche Filmpreisträger Tom Tykwer hat das Zeug zum Hollywood-Regisseur, der er mit dem weltumspannenden Agenten-Thriller „The International“ und mit "Ein Hologramm für den König" mit Tom Hanks bereits geworden ist. Das verbindet ihn mit Rainer Werner Fassbinder, mit dem er auch das Faible für großes, intelligentes Gefühlskino teilt. Der verstorbene Produzent Bernd Eichinger, für den Tykwer „Das Parfum“ verfilmt hat, sah in ihm einen „extrem innovativen Regisseur“, der aber auf „eine klassische Filmsprache“ aufbaue. Mit der Fernsehproduktion "Babylon Berlin" (seit 2017) erobert er sich das neue Serien-Format und schließt zugleich an die Filmgeschichte an, von Fritz Lang und Doktor Mabuse bis zu Sally Bowles, dem Kit Kat Club und dem Tanz auf dem Vulkan.

Tykwer, der nebenbei auch Filmmusiker und zudem ein exzellenter Schreiber ist, hat in einem Vortrag einmal von seinen Lieblingsfilmen gesprochen, die den Blick hinter den Spiegel gewährten. Filme, die die Selbst- und Wirklichkeitsreflexion befördern: „Ich nenne sie die Filme der analytischen Träumer“.

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