Im Porträt: Ritter Rost

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Ein ängstlicher Ritter, ein Eis essender Drache - und jede Menge nette Verrücktheiten: In der Welt von Ritter Rost steht einiges auf dem Kopf. Unser Porträt des kleinen Ritters aus dem Fabelwesenwald.

Wenn der Pizzabelag aus Nägeln, Messern oder Schlüsseln besteht, wenn Hüte in Reimen sprechen und an Weihnachten Zinn-Sterne gebacken werden – dann sind wir in der Welt von Ritter Rost. Der Ritter mit der großen Klappe und dem kleinen Mut ist der Held einer Kinderbuch und –musicalreihe, mit der Jörg Hilbert und Felix Janosa nicht enden wollende Erfolge feiern. Und das haben sie auch verdient. Schließlich hat es lang genug gedauert, bis ein Verlag das Potenzial des liebenswerten Feiglings mit dem Wetterhahn auf dem Kopf und dem Registrierkassen-Körper entdeckt hat. Erstaunlich, denn wer einmal Bekanntschaft gemacht hat mit dem Ritter und seinen Freunden, der will immer mehr von ihnen hören und lesen: von dem Burgfräulein Bö, das zwar ein rotes Kleid trägt, aber trotzdem die Hosen anhat, und vom frechen Drachen Koks mit seiner Feuerzeug-Nase. Sie alle wohnen in der Eisernen Burg am Rande des Fabelwesenwaldes, der zum Reich König Bleifuß des Verbogenen gehört, und man findet sie, wenn man den kleinen Weg zwischen Rechtsherum und Linkslang nimmt und dann kurz vor Geradewegs Richtung Hintenrum abbiegt.

Dass die (Hör-)Bücher und CDs von Ritter Rost Bestseller sind, dass seine Abenteuer inzwischen rund 400 Mal im Jahr auf Musicalbühnen zu sehen sind und in der „Sendung mit der Maus“ laufen, und dass 2012 sogar ein 3D-Film in die Kinos kommt, ist der vorläufige Höhepunkt einer Erfolgsgeschichte, die sich eher zäh anließ. Jörg Hilbert, der bereits als Grundschüler in Sindelfingen kleine Drachengeschichten gezeichnet hatte, musste für seinen Durchbruch wohl erst ins Ruhrgebiet ziehen, in Essen Kommunikationsdesign studieren und in der Region heimisch werden.

Vor allem aber musste er den Musiker und Musik-Kabarettisten Felix Janosa kennenlernen, der an der Essener Folkwang Hochschule – heute Folkwang Universität – Komposition und Schulmusik studiert hat. Janosa ersann zu Hilberts Figuren stilistisch vielfältige, wunderbar originelle Lieder und Musicals mit Ohrwurm-Charakter. Dass Eltern die Geschichten und Songs um Ritter Rost so gern wie ihre Kinder hören, liegt ebenso an den hintersinnigen Texten – Jörg Hilbert ist über einige Ecken mit Ringelnatz verwandt – wie an den mitreißenden Melodien. Mal klingt es nach Schlager, mal nach blechernem Disco-Pop, mal ehrlich rockig und mal melancholisch.

Schon seit Ende der 1980er Jahre existieren Rost, Bö und Koks, allerdings nur in der Schublade. „Weder meine Texte noch meine Illustrationen entsprachen dem lieblichen Stil der Zeit“, vermutet Hilbert heute. Erst 1994 gelang es Hilbert und Janosa, ihre Illustrationen, Geschichten und Lieder zu veröffentlichen – in einem kleinen Verlag namens ConBrio. Als die Serie um die Jahrtausendwende vom Münchener Terzio-Verlag übernommen wurde, avancierte Ritter Rost endlich vom Geheimtipp zum Kassenschlager.

Ritter Rost funktioniert in ganz Deutschland und darüber hinaus – Lizenzausgaben erscheinen unter anderem in Ungarn und Spanien. Eine besondere Beziehung hat der Blechmann allerdings zum Ruhrgebiet, das er als „Schrottland“ bereits im Jahr 2000 als Reisesziel erkoren hat („Ritter Rost macht Urlaub“). Zehn Jahre später wurde Ritter Rost dann Botschafter der Kulturhauptstadt 2010 und erklärte nicht nur Kindern das Revier.

In Ritter-Rost-Büchern gibt es Bauchredner, die ihre Weibchen mit furchtbar langen Gedichten in die Flucht schlagen und Krankheiten wie das „pfeifende Dosenfieber“, das im Rostpital behandelt werden muss. Es gibt eine „Hexe Verstexe“, einen Prinzen von und zu Putz und Protz samt seiner putzwütigen Mutter Kehrlinde – und ungezählte weitere Wortwitze, die einfach Spaß machen. Vor allem aber gibt es Lieder, die man tagelang nicht aus dem Kopf bekommt. Zum Beispiel das mit italienischem Akzent gesungene Lied vom ritterlichen Pizza-Lieferanten: „Da kommt Paolo mit dem Pizzablitz-e, rutscht die Pizza auch mal in den Ritz von Sitz-e / Ja, iss egal, die Pizza schmeckt-e gut, isse viel besser als in blöde Pizza Bud.“ Zum rostig lachen. Inzwischen hat der große Ritter übrigens Verstärkung bekommen: Mit "Ritterchen Rost" ist eine neue Buchreihe erschienen, die für Kinder ab zwei Jahren geeignet ist.

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