An der Posaune sorgt Nils Wogram ständig für frische Winde, im Jazz, aber auch weit darüber hinaus. Denn er ist unter den deutschen Posaunisten mehr als nur der einzig würdige Nachfolger von Albert Mangelsdorff. Als rundum gebildeter Musiker, der seine Wurzeln in der Klassik und in der Neuen Musik hat, gibt es keine Modelle, die sich für ihn nicht „ineinandermorphen“ ließen. Folklore und Acid-Jazz, Pop und Bebop, Luciano Berio, Swing und Blues – das ist, annäherungsweise, das Terrain, auf dem sich Wogram aufhält.

Mit zwölf Jahren waren seine Arme naturgemäß noch zu kurz, um den Posaunenzug voll ausfahren zu können. Aber nicht nur der körperliche Reifeprozess war längst nicht abgeschlossen, als Nils Wogram 1984 am Braunschweiger Konservatorium sein Studium aufnahm. Da hatte er noch alle Zeit der Welt, um auch an den kommenden, künstlerischen Aufgaben zu wachsen.

Heute ist Wogram nicht nur Familienvater, der seine alte Wahlheimat Köln inzwischen gegen Zürich eingetauscht hat. Aus dem Wunderknaben ist ein Alleskönner geworden, bei dem regelmäßig auch die physiologischen Grenzen des Posaunenspiels erweitert werden. Bei virtuosen Sprints kann Wogram immer noch einen Zahn zulegen, ohne aus der Puste zu geraten. Für die ganze Bandbreite zwischen Komposition und Improvisation, Tradition und Avantgarde erfindet er immer wieder neue Ausdrucksmöglichkeiten, Klangfarben und vor allem Techniken.

Dabei ist er nie allein. Um musikalische Klischees in eine so noch nie gehörte Form umzuwandeln, hat er einen festen Stamm an Gleichgesinnten um sich geschart; sechs ständige Formationen sind es, mit denen er zahlreiche CDs eingespielt hat. Angefangen mit den beiden Duos, die er mit dem russischen Pianisten Simon Nabatov bzw. mit dem Posaunisten Conny Bauer bildet, über das Orgeltrio „Nostalgia“ und das Quartett „Root 70“ bis zum „Nils Wogram Septett“. „Jede Band hat ihren eigenen Sound, und alle Bandmitglieder haben ihre Spezialthemen“, so Wogram. „Ähnlich wie das Ellington, Mingus und Miles in ihren Bands gemacht haben, will ich die Musiker mit dem, was sie besonders gut können, in neue Zusammenhänge stellen. Mich faszinieren Bands, die lange zusammen bleiben und eine eigene Sprache entwickeln.“

Um aber im Jazz zu einem international gefragten Leitwolf und Chamäleon zu werden, muss man nicht nur das Talent pflegen. Es muss auch auf offene Ohren stoßen. Was glücklicherweise im Leben von Nils Wogram schon früh passierte. Nachdem er 1989 den ersten Preis beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ gewonnen hatte, lud ihn ein Jahr später Peter Herbolzheimer in sein Bundesjugendjazzorchester ein. 1992 ermöglichte ihm dann ein Stipendium, zwei Jahre lang in New York etwa bei Steve Turre und Maria Schneider am Handwerk zu feilen. Seitdem ist Wogram auf vielen internationalen Festivals aufgetreten und hat mit Größen wie Gunter Hampel, Illinois Jacquet und Tomasz Stanko zusammengearbeitet. dZwischendurch gab es immer wieder zur Bestätigung und als Ansporn renommierte Preise, darunter auch der Jazz-Förderpreis des Landes NRW.