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Von Aachen bis Bielefeld, von Münster bis Siegen, vom Rhein bis an die Ruhr: Die Kunstvereine sind nicht wegzudenken aus der Kulturlandschaft in NRW. Die Bedeutung dieser bürgerschaftlichen Initiativen für die Gegenwartskunst spiegelt sich jedoch nicht in der finanziellen Ausstattung der Vereine. Notgedrungen bewältigen sie in der Regel die Quadratur des Kreises: mit minimalem Etat ein Programm mit maximaler Wirkung auf die Beine zu stellen. Hier will ein neuer Preis helfen: Der „Weststern-Förderpreis für NRW-Kunstvereine“, der von 2025 an im Jahresrhythmus verliehen wird, ist mit 90 000 Euro dotiert. Die Auszeichnung verdankt sich einer Privatinitiative: Jan Fischer, im Mobilitätsmanagement tätiger Unternehmer aus Ratingen, hat sich mit der Berliner Leap Art Foundation zusammengetan, um den Kunstvereinen das Leben leichter zu machen. Leap-Leiterin Bettina Böhm hat als Kunsthistorikerin, Sammlerin und gebürtige Wuppertalerin gleich mehrere Verbindungen zu den Kunstvereinen in Nordrhein-Westfalen. Im Interview erläutert Jan Fischer die Hintergründe der mäzenatischen Tat. Und erklärt, was er mit dem Preis erreichen will.
Was gab den Anstoß zu dieser Initiative?
J.F.:
Meine beiden Herkunftsfamilien kommen aus dem Raum Düsseldorf/Duisburg/Elberfeld. Dabei haben wir ein Familienunternehmen, das seit 90 Jahren in der Region Düsseldorf/Ratingen zu Hause ist. Mit dem Firmenjubiläum entstand der Wunsch, dem Bundesland, aus dem unsere hochengagierten Mitarbeiter kommen, etwas zurückzugeben. Da ich seit vielen Jahren in der Kunstförderung tätig bin, wollte ich den Kunstbetrieb in NRW stärken. Und zwar dort, wo viele Menschen ein großes Engagement zeigen, um das Angebot an Kunst auch außerhalb der Zentren zu bereichern. Auf die Kunstvereine trifft das exakt zu.
Wieso fiel die Wahl von Bettina Böhm und Ihnen auf die Kunstvereine – nicht auf Museen, Kunsthallen oder andere Institutionen, die zeitgenössische Kunst präsentieren? Und weshalb die regionale Begrenzung auf NRW?
J.F.:
Kunstvereine sind bürgerschaftliches Engagement pur. Sie unterliegen keiner politischen Aufsicht, steuern sich selbst und müssen sich daher auch meist selbst finanzieren. Dies aktuell allerdings mit immer höheren Anstrengungen. Aus den NRW-Kunstvereinen sind in den zurückliegenden Jahren viele namhafte Künstler*innen mit zum Teil internationalen Karrieren erwachsen. Aber auch namhafte Direktoren*innen öffentlicher Häuser. NRW-Kunstvereine bewirken sehr viel in der Kunstlandschaft und sind integraler Bestandteil in der Wahrnehmungsökonomie des deutschen Kunstmarkts. Manchmal können sie sogar große Karrieren in Gang setzen und das Publikum mit großen Künstler*innen zu einem frühen Karrierezeitpunkt in Kontakt bringen.
Der Weststern-Förderpreis wird jährlich vergeben und ist mit 90 000 Euro dotiert. Geht das Preisgeld an einen Verein? Oder wird es gesplittet?
J.F.:
Der Preis wird gesplittet. 40 000 Euro gehen an einen Verein, der die beste Programmleistung im zurückliegenden Jahr gezeigt hat, 30 000 Euro erhält der Verein mit der besten Einzelausstellung, und 20 000 Euro gehen an einen oder mehrere Vereine, die sich durch ihr herausragendes Vermittlungsprogramm verdient gemacht haben.
Wie ist das Prozedere? Können sich die Kunstvereine selbst bewerben? Und wann wird der neue Weststern-Preis erstmals verliehen?
J.F.:
Eine fünfköpfige und unabhängige Jury wählt am Ende eines Programmjahres, das mit dem September nach der Sommerpause beginnt und im Juni des darauffolgenden Jahres endet, die Gewinner aus. Die Verleihung des ersten Weststern-Preises wird im August 2025 für das zurückliegende Jahr erfolgen. Danach findet jährlich zu diesem Zeitpunkt die Preisverleihung statt. Mit Start September 2024 sind die NRW-Kunstvereine aufgerufen, sich zu bewerben.