Der Vorsichtige beobachtet die Sache vom sicheren Ufer aus, erkennt rasch, wie sich die gleichgroßen Segmente der kreisrunden Wasserwand in schwer durchschaubarem Rhythmus aufbauen, um bald darauf wieder zusammenzufallen. Die Mutige prescht vor über einen der vier Stege und sucht den rechten Moment, um trocken auf die runde Insel mitten im Brunnen zu gelangen.
Dem Dritten ist alles egal: Er durchbricht die Wasserwände und ist am Ende klitschnass. Die Vierte – eine Kennerin – freut sich, weil sie den verrückten Brunnen sofort als Werk von Jeppe Hein entlarvt hat. Es ist ihr nicht schwer gefallen, denn „Water Island, Morsbroich“ ist so zu sagen ein Musterbeispiel für die Kunst des Dänen.
1974 in Kopenhagen geboren, machte Hein schon als Student während eines Gastsemesters in Frankfurt mit beweglichen Wänden auf sich Aufmerksam. Später baute er Labyrinthe aus Licht, ließ Bänke samt ihren Besitzern durch den Ausstellungsraum wandern oder eine große Stahlkugel bedrohlich auf den Galeriebesucher zurollen. Hinzu kommen unterschiedliche Brunnen. Seinen wohl berühmtesten hatte Hein 2003 in Venedig gebaut, um die Biennale Besucher abzukühlen. Eines der jüngeren Exemplare erfreut und erfrischt seit 2018 die Gäste auf dem Platz zwischen Bundeskunsthalle und Kunstmuseum in Bonn.
In der Morsbroicher Brunnen-Variante findet der Künstler nun allerlei Anspielungen auf das barocke Ambiente, ist doch die Epoche bekannt für ihre strikt symmetrischen Gestaltungen, für ihre eindrucksvollen Wasser-Szenarien – siehe Versailles. Und auch für ihre Freunde am intelligenten Spiel Wer macht mit? Mensch ärgere Dich nicht – auch wenn Du am Ende gebadet den Ring verlassen musst.