Wer sich dem architektonischen Gesamtkunstwerk nähert, erkennt gleich die strenge geometrische Form, mit der der lothringische Baumeister Nicolas de Pigage das Anwesen im Jahr 1755 für den Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz anlegte. Von der belebten Schlossallee gleitet der Blick über den stillen Schlossweiher bis hin zum fünfteiligen Gebäudeensemble, das in seinem rosafarbenen Ton höfische Freude und spätbarocke Eleganz ausstrahlt. Die symmetrische Einheit von Torhäusern, Kavaliersflügeln und Corps de Logis bannt das Auge. Die Füße setzen sich in Bewegung, südwärts, zu einem Tagesausflug voller Entdeckungen.
Der Rundgang beginnt im Hof. Das Museumsdreigestirn ist das erste Ziel. Zwei steinerne Löwen begrüßen die Gäste bereits am Treppenaufgang. Sie liegen in wachender Pose und fordern ihren Respekt ein, bevor jedweder Fremde passieren darf. Eine Geste, die im 18. Jahrhundert in Adelskreisen bereits Geltung besaß, wie sich beim Anblick der Tiere vermuten lässt. Mehrere Putten und weitere Königstiere bestätigen den Eindruck. Sie haben sich unter der herrschaftlichen Krone im Giebeldreieck des Haupthauses versammelt und warten auf ihren Tribut.
Der Pflicht ist vorerst genüge getan. Wohin soll es nun zuerst gehen? Ins Museum für Naturkunde im westlichen Flügelbau, das natürliche Lebensräume rund um Düsseldorf im Fokus hat und Dioramen wie Tierplastiken zeigt? Oder ins Museum für Europäische Gartenkunst im östlichen Flügelbau, das die rund 2500-jährige Geschichte von Gärten kulturgeschichtlich aufschlüsselt? Das erste Ziel bleibt wohl das Corps de Logis, der Haupttrakt, der nach Empfehlung des Hauses vor einem Spaziergang in der weitläufigen Parkanlage besichtigt werden sollte. Eine Führung schlüsselt hier die Verbindungen zwischen Außen- und Innenräumen, zwischen Architektur und Adelsinteressen auf.
Die Gruppe setzt sich in Bewegung. Neue Erkenntnisse warten an jeder Ecke: Einzelnen Innenräumen des Sommer- und Jagdschlosses sind passende Gartenräume in der Außenanlage zugeordnet. Die grünlich gestalteten Privaträume des Kurfürsten beziehen sich auf den angeschlossenen Englischen Garten mit seinen seltenen Bäumen im Westen. Die rosa gehaltenen Zimmer der Kurfürstin verweisen hingegen auf den Französischen Garten mit Wasserspielen und Blumenbeeten im Osten. So wurde also – streng und kompromisslos – zwischen den Geschlechterwelten unterschieden. Chapeau, Herr Pigage, Chapeau!
Beim genauen Besehen der Stuckarbeiten und des Dekors fallen weitere Details im Anlagenkonzept auf. In den zahlreichen Bauverzierungen wie auch den Gestaltungselementen des Parks klingen Themen wie die höfische Jagd und ländliche Feste an, die mit antiken Bezügen aufbereitet und zuweilen auf die Adligen gemünzt werden. Römische Götter wie Jupiter, Minerva, Pomona, Zerres und Bachus sind genauso wie der Kurfürst und seine Gemahlin allpräsent. Ein Deckengemälde von Künstler Wilhelm Lambert Krahe zeigt im repräsentativen Kuppelsaal die Göttin Diana bei der Jagd im Mondenschein. Die Schlossherrin Elisabeth Auguste selbst wird in einem nahegelegenen Medaillon mit Mondsichel im Haar dargestellt – keine zufällige Verbindung.
Wer schließlich das Herrenhaus verlässt, um sich den Grünflächen zu nähern, stößt auf vier Götterstatuen, die den Weg in den Park eröffnen. Sie führen zum Spiegelweiher, den Alleen, Gewässern und Blumenkaskaden, die auf 61 Hektar Fläche über ein sternförmig angelegtes Wegsystem zu finden sind. Beim lustvollen Wandeln zwitschert und summt es hier und dort. Auf die Frage, wie viele Arten es denn vor Ort gäbe, lautet die Antwort des Schlossteams: „Im Park leben mehr als 80 Vogel- und über 300 Käferarten.“ Beeindruckend.
Eine weitere Frage drängt sich auf: Wurde auf dem Gelände der Maison de Plaisance je gejagt, wo das Thema der Jagd doch allgegenwärtig ist? Besuchende erfahren: Nein, Belege gibt es dafür nicht. Für Kurfürst Karl Theodor blieb das Schloss zu Lebzeiten ein reiner Repräsentationsbau. Und das ist es heute immer noch. Ohne Zweifel.
Ausflugstipps
Bei einem Tagesausflug lohnt es sich für Kulturfans, den Weg zum Haus Bürgel in Monheim über das Naturschutzgebiet Urdenbacher Kämpe anzutreten. Das mittelalterliche Lehensgut und ehemalige römische Kastell liegt knapp eine Stunde Fußweg entfernt. Im Herrenhaus der historischen Anlage ist heute ein archäologisches Museum untergebracht, das römische Geschichte lebendig werden lässt. Ein Wissenszuwachs ist hier garantiert.
Darüber hinaus können Reisende den Rhein mit der Fähre „Zons Urdenbach“ überqueren. In Dormagen stoßen sie auf eine über 600 Jahre alte Windmühle in der Zollfeste Zons. Die gut erhaltene Befestigungsanlage aus dem 14. Jahrhundert entführt ins Mittelalter.