Im Porträt: Max-Ernst-Museum

Kunst
In der Welt war er zu Hause, weltweit verteilt sind bis heute seine Arbeiten. Für regionalhistorische Home-Storys eignet sich Max Ernst (1891-1976) daher nur bedingt. Eine Heimat aber hat sein Werk gefunden: Das Max Ernst Museum Brühl des LVR widmet sich ganz seinem Œuvre und seiner Haltung, setzt seinen künstlerischen Innovationsdurst in Wechselausstellungen fort.

Einst war es das erste Haus am Platz, wenn es um Vergnügungen ging. Der spätklassizistische Bau in Rufweite zum Barockschloss Augustusburg hat eine Geschichte als Ausflugs- und Vergnügungsetablissement. Ein Hotelier hatte es 1844 eröffnet, in einer Blütezeit von Brühl. Wohlhabende Großstädter suchten sich damals das Städtchen zwischen Köln und Bonn als neuen Wohnort aus, bauten sich repräsentative Villen, die die 45.000-Einwohner-Stadt bis heute schmücken. Im gleichen Jahr wurde die Eisenbahnstrecke von Köln nach Bonn eröffnet, sie machte die Stadt schnell erreichbar.

1870 wurde der bahnhofsnahe Pavillon zum Hotel und mit zwei Anbauten zur Dreiflügelanlage erweitert. Wohl nicht zufällig, denn auch das herrschaftliche Schloss Augustusburg zeigt diese Bauform und gehörte zu dieser Zeit zur regelmäßigen Residenzstätte des preußischen Königshauses.

Max Ernst kam 1891 nur wenige Meter von Schloss und Pavillon zur Welt. In dem kleinen, mit Anklängen an den Klassizismus gehaltenen Haus in der Schlossstraße ist heute ein Fantasie-Labor untergebracht, die Kunstvermittlung des Museums. Ernst wuchs in Brühl auf und besuchte den Pavillon mehrfach zum Tanzvergnügen. Während er Brühl immer öfter verließ, um in Bonn Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte zu studieren, verstummte im umbenannten Gasthaus „Zum Schlosspark“ die Tanzmusik. Das Haus wurde laut Auskunft der Heimatforscher:innen zum Kinderheim der Ordensgemeinschaft der Salvatorianer, später kaufte es die Caritas von den Spenden Papst Benedikts XV. Aus dem sündigen Tanzlokal war das „Benediktusheim“ geworden.

2005 wiederum wechselte die Nutzung. Nach fünfjähriger und ausgezeichneter Sanierung findet sich hier die bedeutendste Sammlung des Dadaisten und Surrealisten Max Ernst wieder. Dabei war seine Kunst nicht immer gern gesehen in Brühl. Verfemt im Nationalsozialismus, ignoriert auch lange danach in Brühl fand er erst später wieder Zugang zu seiner Geburtsstadt, die mit dem nach ihm benannten Haus heute ein wahres Juwel geschaffen hat, das weit über die regionalen Grenzen hinaus strahlt.

Die 70 Schaffensjahre von Max Ernst finden sich so gut wie lückenlos in der Sammlung wieder. Das berühmte Capricorn gehört zu den etwa 70 Skulpturen der Sammlung, über 700 Fotografien aus dem Leben Ernsts und fast sein gesamtes grafisches Werk wird hier bewahrt. Auch mit reichlich Liebe und Leidenschaft ist das Haus gefüllt. Im Obergeschoss hängen die 36 D-Paintings, kleine Arbeiten, die er seiner vierten Ehefrau, der US-amerikanischen Künstlerin Dorothea Tanning schenkte.

Von seiner Lust am Ausprobieren, an der Schaffung neuer Welten zeugt seine Histoire Naturelle, seine ganz eigene Interpretation vom Artenreichtum der Welt, umgesetzt mit der Frottage-Technik, einer Form der Abreibung auf Papier mit Blei- oder Wachsstift. Zusammen mit der Grattage zwei Beispiele für seine Lust am Unbekannten, das er sich durch seine Arbeiten erschließen konnte und das sein Œuvre kennzeichnet.

Über das moderne Entree gelangen die Gäste in die Wechselausstellungen im Untergeschoss und betreten hier nicht selten surrealistische Welten. So waren zum Beispiel die filmreifen Wesen von Tim Burton, die Monster von Miró und die fabelhaften Konstruktionen von M.C. Escher schon mal Kurzzeitbewohner im Museum von Max Ernst. Für dieses Übernatürliche in der Kunst ist dieses Haus längst eine der besten Adressen weit und breit geworden.

Tipp! Wer die Welten des Max Ernst besuchen möchte, sollte auch in die Träume von Clemens August eintauchen. Der Kölner Kurfürst aus bayrischem Hause ließ sich die Schlösser Augustusburg und Falkenlust errichten. In der Barockpracht erwacht das Rokoko, einzigartig in Deutschland und als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet. Zu bestaunen zum Beispiel bei einer Führung oder einem der bekannten Treppenhaus-Konzerte. Nicht minder bekannt ist in Brühl das Phantasialand, hier lassen sich wiederum ganz andere Welten entdecken.

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