In "Wupperthal" veröffentlicht er seine ersten sozialkritischen Schriften – und wird zu einem der großen deutschen Denker.

In der Kopfparade der kommunistischen Heiligen im Halbprofil, die jahrzehntelang die Fahnen der Ostblockstaaten zierte, war er der zweite von links, zwischen Marx und Lenin: Friedrich Engels. Am 28. November 1820 wurde er als ältester Sohn des Textilfabrikanten Friedrich Engels und dessen Frau Elisabeth in Barmen geboren, einer Stadt im Bergischen, die später mit Elberfeld zu Wuppertal verschmolz. Die Familie ist pietistisch geprägt, Friedrich hat acht Geschwister. Ein Jahr vor dem Abitur nimmt ihn der Vater vom Gymnasium, damit er nicht auf dumme Bildungsgedanken kommt, sondern sich auf die Arbeit in der Firma vorbereitet. Das war wohl ein Fehler, denn ab da entwickelt sich Friedrich Engels jun. zu jemandem, der seine kapitalistische Klasse verrät.

Zunächst macht Engels in Bremen eine kaufmännische Ausbildung, knüpft aber schon Beziehungen zum Jungen Deutschland an, also der pro-französisch-revolutionären literarischen Gruppe um Karl Gutzkow. Unter dem Pseudonym Friedrich Oswald veröffentlicht Engels mit den „Briefen aus dem Wupperthal“ seine ersten sozialkritischen Schriften. Fortan schreibt er für Zeitungen, immer über sozialpolitische Fragen. Zum Militärdienst in Berlin, besucht er Vorlesungen an der Universität und kommt den Jung-Hegelianern nahe, radikalen Schülern des Philosophen Hegel.

1842 macht Engels auf dem Weg nach Manchester, wo sein Vater eine Baumwollspinnerei besitzt, Station in Köln: Hier trifft er zum ersten Mal Karl Marx, der dort Redakteur bei der demokratischen „Rheinischen Zeitung“ ist. In England lernt Engels schnell die entsetzliche Realität der Arbeiterklasse kennen – etwas, was ihn erschüttert und in dem Willen bestärkt, die sozialen Verhältnisse zu ändern. Er nimmt Kontakt zu deutschen und englischen Proletarierorganisationen auf; zurück in Deutschland, verfasst er 1845 sein erstes großes Buch, „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“, ein Pionierwerk der empirischen Sozialforschung.

Die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Marx verfestigt sich, beide verfassen gemeinsam Publikationen wie „Die deutsche Ideologie“, versuchen, führende Sozialisten aus Europa zu vereinigen. 1847 treten Marx und Engels dem „Bund der Gerechten“ (später: „Bund der Kommunisten“) bei und verfassen „Das Kommunistische Manifest“, dessen legendärer erster Satz lautet: „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus“. Und das mit dem bekannten Aufruf endet: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Engels’ weiteres Leben verläuft turbulent. Er ist aktiv bei der Märzrevolution 1848/49 dabei, unterstützt den Elberfelder Aufstand gegen die Ablehnung der Frankfurter Reichsverfassung durch die preußische Staatsführung, kämpft in Baden und der Pfalz auf demokratischer Seite militärisch gegen Preußen, muss schließlich nach England fliehen. Dort verkauft er seine Firmenanteile, was ihn in die Lage versetzt, Marx finanziell zu unterstützen. Nach dessen Tod 1883 übernimmt Engels die Bearbeitung und Herausgabe der Marx’schen Werke, nicht zuletzt des zweiten und dritten Bandes von „Das Kapital“, und verfasst eigene Bücher wie „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“, das allerdings auf Marx’schen Skizzen beruht.

Zeitlebens unterhielt Friedrich Engels eine enge Beziehung zu den beiden irischen Arbeiterinnen Mary und Lizzie Burns, letztere heiratet er. Am 5. August 1895 stirbt er in London an Kehlkopfkrebs. Sein Kopf zierte den 50-Mark-Schein der DDR; die russische Stadt Pokrowsk wurde 1924 in Engels umbenannt; in Berlin-Mitte überragt er riesengroß den sitzenden Karl Marx. Aber Wuppertal heißt immer noch Wuppertal.