Filmtipp: „Finsterworld“ nach Christian Kracht

FilmFilm
Der Schweizer Christian Kracht hat mit seiner Frau, der Regisseurin Frauke Finsterwalder, einen Film auf die Leinwand gebracht: "Finsterworld" erzählt von Deutschland.

Dies will ein Film über unser Deutschland sein, seinem Drehbuchautor zufolge "Faserland". Es erzählt von einem Polizisten (Roland Zehrfeld), der seine Uniform lieber mit einem Ganzkörper-Teddybärkostüm tauscht, um endlich ein Kuschelgefühl zu haben, das seine Freundin (Sandra Hüller), die verbiesterte und bourgeoise Dokufilmerin, nicht erübrigt; von einer einsamen Frau (Margit Carstensen) im Altenheim und ihrem neurotischen Fußpfleger (Michael Maertens), von ihrem erwachsenen Sohn (Bernhard Schütz), dessen Frau (Corinna Harfouch) und Enkelsohn Maximilian.

Blasierten Leuten, die die ästhetische Existenz über die ethische stellen; einem Lehrer und seinen Schülern bei der Klassenfahrt in eine KZ-Gedenkstätte; und von einem Einsiedler und seinem Raben. Deutschland begegnet uns als pädagogische Provinz, als Sozial- und Therapiestation, als Geschichtswerkstatt, als Land mit Hygienebewusstsein, als Liebeswüste mit Menschen von gutem Geschmack, gesundem Selbsthass und kranker Seelenlage.

Frauke Finsterwalder, die Regisseurin, und ihr Mann, der Schriftsteller Christian Kracht, haben einen Neo-Realismus im Sinn, den subversiv zu nennen ebenso richtig oder falsch wäre, wie von Ironie zu sprechen. Die Schärfe und Porentiefe von David Lynchs "Blue Velvet" lässt sich jedoch schwerlich auf bundesrepublikanische Alltags-Monstrositäten anwenden, und auch Ulrich Seidels Austro-Analysen passen nur bedingt.

Nach einer Stunde fühlt man sich von all dem Bizarren angeödet, dann erwacht das Interesse an den vielen falschen Bewegungen der Figuren, die zu fürchterlichen oder fürchterlich verkehrten Richtungs-Wechseln und folgenreichen -Entscheidungen führen. Plötzlich sind da ein schneidender Schmerz, ein abruptes Erschrecken, eine große Leere, die das Glossierende, Karikierende und Hämische des Films für einige Zeit aufheben.

"Finsterworld" ist als DVD erhältlich: https://www.alamodefilm.de/medium/detail/finsterworld.html

Mehr Kultur aus NRW mit unserem Newsletter

Kulturkenner patternKulturkenner pattern