Von einem „glücklichen Tag für Essen“ sprach Steffen Siegel bei einer Pressekonferenz des Museums Folkwang. Gemeint war nicht nur die Eingliederung der „Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt“ in das Museum – nicht zuletzt wegen seiner fotografischen Sammlung zählt es zu den wichtigsten Kunsthäusern in NRW.
Siegel, Fotografie-Professor an der Folkwang Universität der Künste, sprach auch über die neue Schubkraft des seit 2019 bestehenden Netzwerks „Zentrum für Fotografie Essen“. In dem Viererbund haben sich die Universität, das Historische Archiv Krupp, das Museum Folkwang und die Stiftung Ruhr Museum zusammengeschlossen. In den kommenden zwei Jahren will die Stadt Essen für Projekte des Zentrums Sondermittel zur Verfügung stellen. Ein Verein mit Sitz im SANAA-Gebäude auf dem UNESCO Welterbe Zollverein soll zukünftig die Aktivitäten koordinieren. Den Vorsitz hat Steffen Siegel.
Dass das Erbe des Urberliners Michael Schmidt, aufgewachsen in Kreuzberg, fortan in Essen gepflegt und erforscht wird, erklärte Thomas Weski, Kurator der Schmidt-Stiftung, unter anderem damit, dass Schmidt dem Folkwang Museum zeitlebens verbunden gewesen sei.
Die Dauerleihgabe, die das Museum gratis bekommt, bleibt dem Haus vorerst bis 2039 erhalten – eine Verlängerung ist schon jetzt ins Auge gefasst, wie Direktor Peter Gorschlüter erklärte. Er freut sich, dass die mehr als 15 fotografischen Nachlässe, die das Folkwang bereits betreut, nun solch prominenten Zuwachs erhalten.
Der Transport des Archivs, das wissenschaftlich vorzüglich erschlossen sei, wie Gorschlüter betonte, soll im Herbst über die Bühne gehen. Der Umzug wird keine Petitesse: Der Fundus umfasst nicht bloß die fünf zentralen Werkgruppen des Fotografen, sondern auch sämtliche Negative, 2 000 Prints mit Werkcharakter und über 20 000 Kontakt-, Arbeits- und Testabzüge. Auch Dummies für Buchprojekte, Korrespondenz, persönliche Dokumente sowie die private Bibliothek von Michael Schmidt sind Teil der Dauerleihgabe. Um das Archiv in Essen angemessen zu betreuen, werden zwei neue Stellen eingerichtet.
Ob dieser Coup eine Art Retourkutsche gegenüber Düsseldorf sei, wurde bei der Pressekonferenz wiederholt gefragt. Bekanntlich hatten sich sowohl Essen als auch Düsseldorf um den Sitz des zukünftigen Deutschen Fotoinstituts beworben – die Landeshauptstadt machte am Ende das Rennen. Sowohl Peter Gorschlüter als auch Steffen Siegel, Vorsitzender des neugegründeten Fotografie-Vereins, bestritten, dass Essen und Düsseldorf in Sachen Fotografie-Vermittlung Konkurrenten seien. Vielmehr sieht man sich als Verbündete, als Allianz, die der Fotografie mit vereinten Kräften eine starke Stellung innerhalb des Kunstbetriebs verschaffen will.