Im Porträt: Cornelius Völker

KöpfeKunst
In Cornelius Völkers Bildern paaren sich kraftvoller Realismus und subtile Farbregie.

Cornelius Völker ist Maler – und wollte es immer sein. Auch wenn der 1965 im fränkischen Kronach geborene junge Mann damit ziemlich allein dastand zu Studienzeiten an der Düsseldorfer Akademie. Es waren die frühen 90er Jahre: Die Neuen Wilden und ihre heftige Malerei hatte sich überlebt. Alles schaute nun auf das Fotografenpaar Becher und seine Klasse. Künstler-Asket Gerhard Merz war ebenfalls recht einflussreich an der Hochschule. Völker aber wählte A. R. Penck als Lehrer und wechselte später zu Dieter Krieg, der ihn deutlich prägte.

Gegen Ende des Studiums drehte er gemeinsam mit vier Freunden einen echten Spielfilm. Auch in anderen Medien tut er sich gelegentlich um: Fotos begleiten seit jeher sein Schaffen. Hinzu kommen Druckgrafiken und Zeichnungen – sie entstehen vorbereitend oder begleitend zu seinen Gemälden, die für ihn schon immer im Zentrum des Ganzen standen.

In einer seiner ganz frühen Serien zermatschte Völker 1996 niedliche kleine Putti auf der Leinwand. Mit gemalten Fliegenklatschen ging er auf die Kerlchen los, drückte ihnen die Gitterstruktur des Mordinstruments in die fleischig weichen Körper. Doch sehen die Bilder seiner „Puttiklatsch“-Serie im Ergebnis gar nicht nach brutalem Massaker aus – vielmehr wirken sie wie Farbschlachten. Er habe diese lieblichen Geschöpfe der Kunstgeschichte zu dem machen wollen, was sie waren, bemerkte der Künstler einmal. „Zu Farbe, zu nichts als Farbe.“

Insofern scheinen die eher kleinformatigen Engelsbilder bezeichnend. Vieles von dem, was hier wesentlich war, wird es bleiben in Völkers Werk, das ohne Sprünge, Brüche und größere Überraschungen auskommt und seine Stellung gut behaupten kann. Der Maler mit Ateliers in Düsseldorf und New York hat Erfolg, das kann man sagen. Seit 2005 lehrt er noch dazu als Professor an der Kunstakademie Münster. Ein Star ist Völker aber nicht. Bewegt er sich mit seiner Malerei doch von Anfang an am Rande der Trends, Booms, Hypes, die den Kunstmarkt in Schach halten und Preise in die Höhe treiben.

Auch als Anfang des neuen Jahrtausends die Neue Leipziger Schule für einen erneuten Run auf die Malerei sorgte, hat Völker nicht profitiert. Vielleicht, weil seine Bilder niemals eine Geschichte erzählen. Sie haben – ganz anders als die Werke der Leipziger Kollegen – überhaupt nichts Narratives. Die Tampons nicht und die Teebeutel nicht, die Schleifen und Schwimmer, die Bücher, Bäuche, Nabel, Badelatschen.

Völker setzt diese Dinge meist isoliert, oft vor glattem, ganz neutralem, manchmal fast artifiziell anmutendem Farbgrund in Szene. Das Motiv ist dabei im Grunde nur Nebensache. Viel wichtiger scheint die Malerei: Die Farben, der oft virtuose Umgang mit dem Pinsel, auch jenes eigenartige Miteinander, das raffinierte Ineinander von Gegenstand und Abstraktion.

Gekonnt lässt Völker die Übergänge von einem ins andere verschwimmen. Sehr gut beobachten kann man das, wenn er einen Mülleimer ausleert, um den Inhalt mit Pinsel und Farbe übergroß auf die blütenweiße Leinwand zu streuen und zu schlabbern. Zerknautschte Haribotüten, ausgequetschte Orangen, etwas, das aussieht wie ein Stück Bauchspeck. Kirschen, halb oder ganz zerdrückt, mitsamt des Saftes. Dazwischen schimmelige Klumpen, bräunliche Krümel, schleimiges Grün, flüssiges Gelb. Die gegenständlichen Formen geraten aus der Fassung, sie lösen sich in Farbe auf. Die Farbe selbst wird zum Gegenstand.

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