Lange schon existieren in Deutschland tausende von Moscheen, in aller Regel verborgen in umgewidmeten Gewerberäumen und anderen Hinterhoflokalitäten. Seit ein paar Jahren aber wandelt sich das Bild: Es entstehen islamische Gebetshäuser, die als solche zu identifizieren sind, meist mit einer Kuppel, oft mit einem Minarett. Für fremdenfeindliche Menschen ist dies der Beweis des Machtanspruchs der hier lebenden Muslime; demokratisch gesinnte Zeitgenossen aber sehen in der wachsenden Zahl der „echten“ Moscheen ein Indiz für den Integrationswillen muslimischer Migranten: Wer baut, der bleibt. Der ist angekommen.

Ein besonders gelungenes Beispiel für diese Sichtweise bietet die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh. Sie wurde am 26. Oktober 2008 eröffnet. Ohne Proteste, dafür mit einem Volksfest, an dem Politik und Bevölkerung, Jung und Alt, Türkisch und Deutsch rege teilnahmen. Die Merkez-Moschee hat eine Doppelfunktion: Sie ist Gotteshaus sowie interreligiöses und interkulturelles Begegnungszentrum. Dieser Wunsch nach Offenheit und Austausch war auch für die Bauphase prägend: Ein Unterstützerbeirat aus Vertretern der lokalen Verwaltung, der christlichen Kirchen und anderer örtlicher Institutionen wurde gegründet. Eine Info-Baracke auf dem Baugelände, die täglich für jedermann offen war, sorgte für Transparenz und Information. Manches Vorurteil konnte so mit süßem türkischen Tee in dem mit Rosen bemalten Blechcontainer heruntergespült werden.

Der Moscheebau selbst, an dem dreieinhalb Jahre gearbeitet wurde, strahlt Stolz und Freundlichkeit aus. Sein Stil aber folgt traditionellem türkischem – osmanischem – Muster, anders etwa als die noch im Bau befindliche Moschee in Köln-Ehrenfeld, die sich in die europäische Architekturmoderne einreihen will. In Duisburg hingegen geht es (für die Türken) wie daheim zu: Eine silbrig glänzende Hauptkuppel und vier kleinere Halbkuppeln, mit Mondsicheln gekrönt, sorgen für eine orientalische Anmutung; große Fenster in dem rechteckigen Baukörper versprechen Transparenz. Innen wirkt alles hell, hoch und licht. Der Kuppelscheitel liegt in 23, die Minarettspitze in 34 Metern Höhe. Der Gebetsraum bietet Platz für ca. 1200 Gläubige, 400 Frauen auf der Empore, 800 Männer im Parterre. Er ist über und über mit traditioneller Ornamentik sowie mit Suren in arabischer Schrift ausgemalt, vom Scheitelpunkt der großen Kuppel stürzt ein gewaltiger Leuchter von sechs Metern Durchmesser fast bis auf Kopfhöhe herab.

Unter diesem Sakralraum befindet sich die Begegnungsstätte mit Seminarräumen und einem Café. Deren Haupteingang liegt jedoch auf Erdgeschosshöhe und in der Straßenfront, während der Eingang in die Moschee von der Rückseite erfolgt. Die Begegnungsstätte wurde vom Land NRW sowie der EU mit 3,2 Millionen Euro gefördert; der Rest der Gesamtbaukosten von knapp acht Millionen Euro kam „durch Spenden“ zusammen, wie die Merkez-Gemeinde informiert. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Gelder vom türkischen staatlichen „Präsidium für Religiöse Angelegenheiten“ (Diyanet) flossen. Dieses Amt beaufsichtigt die „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“ (DITIB), ein Verein von türkischen Muslimen, dem auch die Duisburger Gemeinde angehört.

Mittlerweile ist die Moschee zu einem echten „Merkez“ (türkisch für Zentrum) von Marxloh geworden, einem Stadtteil mit hoher Arbeitslosigkeit und vielen Zuwanderern. Dass ihr Bau so vergleichsweise konfliktlos vonstatten ging, hat man „das Wunder von Marxloh“ genannt, in Anspielung an den Fußball-Film „Das Wunder von Bern“, der tatsächlich teilweise in einer völlig heruntergekommenen, inzwischen abgerissenen Siedlung gegenüber der Moschee gedreht wurde.

Übrigens gibt es in der Duisburger Merkez-Moschee keinen Muezzin, der vom Minarett zum Gebet ruft.