Der beste Professor sei der unsichtbare, hat Nam June Paik einmal behauptet. Er musste es wissen: Paik unterrichtete von 1979 bis 1996 als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie Video- und Medienkunst – als Erster überhaupt dieses Genres. Am 29. Januar 2006 starb Nam June Paik in Miami, Florida.

Am 20. Juli 1932 in Seoul als Sohn einer Textil- und Stahlunternehmer-Familie geboren, studierte Paik zunächst Musik- und Kompositionslehre. Mit der Familie floh er 1950 vor dem Korea-Krieg nach Hongkong, dann nach Japan. 1956 schloss er sein Studium der Musik- und Kunstgeschichte in Tokio mit einer Arbeit über Arnold Schönberg ab und übersiedelte nach Deutschland, aus Liebe zur deutschen avantgardistischen Musik. Dort studierte er zunächst in München und Freiburg, bevor er dann mit Karlheinz Stockhausen von 1958 bis 1963 im WDR-Studio für elektronische Musik, dem Zentrum der neuen Musik, in Köln arbeitete.

1959 gab Paik seinen Einstand als Aktionsmusiker in der Galerie 22 in Düsseldorf mit einer „Hommage à John Cage“, wobei Radio, Tonband und ein umstürzendes Klavier das Publikum schocken sollten. Seit 1961 gehörte er zur Fluxus-Bewegung, die mit ihren Happenings die Entwicklung der modernen Kunst prägte. 1962 führte er bei „Neo-Dada in der Musik“ in den Düsseldorfer Kammerspielen „One for Violin“ auf. Er spielte das Instrument in meditativer Ruhe und zerschlug es dann mit aller Wucht auf dem Tisch. 1962 bezog er beim Fluxus-Festival in Wiesbaden erstmals das Medium Fernsehen in seine Arbeit ein. Ein Jahr später stattete er seine erste Einzelausstellung in der Wuppertaler Galerie Parnass mit Klavieren, Tonbandgeräten und 13 präparierten Fernsehern aus. Das neue Zeitalter der Medienkunst konnte beginnen.

1964 zog Paik nach New York und baute aus Draht, Holz, alten Elektroteilen und Schaumgummi den ersten Roboter, der durch die Straßen lief und von einem Auto angefahren wurde. 1967 agierte er mit der Cellistin Charlotte Moorman (1933 bis 1991), die in Unterwäsche auftrat, was zur Inhaftierung der beiden führte. 1965 schuf er erste Videotapes. 1969 entwickelte er mit Shuya Abe den allerersten Video-Synthesizer. Seit 1974 entstanden Multi-Video-Installationen wie der TV-Buddha, der in einer unendlichen kybernetischen Schleife seinem eigenen elektronischen Bild gegenübersitzt. 1978 gehörte er zu den Akteuren beim Erinnerungskonzert an George Maciunas, den Begründer von Fluxus, in der Kunstakademie Düsseldorf.

1993 bespielte dieser Nomade und Weltbürger als „Ehrengastarbeiter der BRD“ den deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig. In einem mongolischen Nomadenzelt mit wasserdichtem Filz saß ein meditierender Buddha vor leerem TV-Monitor, mit brennender Kerze im Fernsehgehäuse, umgeben von sieben Bronzemasken mit geschlossenen Augen, die wie Totenmasken wirkten. 1995 erprobte Paik in der barocken Loreto-Kapelle bei Münster erstmals den Laser als neues Projektionsmedium für Video.
Sein Spätwerk besteht aus Multi-Monitor-Video-Installationen, in denen er Fernsehmonitore zu Skulpturen anordnete und Videosequenzen simultan mit rhythmischen Umschaltungen abspielte.