Ein „Wohnsitz für die Zukunft“, das schwebte Alfred Krupp vor, als er einen Teil seines immensen Reichtums in ein immenses Gebäude investierte. Der Essener Stahlbaron (1812–1887), der wie kein anderer den Boom der Industrialisierung Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verkörpert, machte die Planung der von einem weitläufigen Park umgebenen Villa zur Chefsache: Die kolossale Gusseisen-Architektur, von Sandsteinfassaden bloß aus kosmetischen Gründen bemäntelt, weist allerlei futuristische Züge auf: Ein Glasdach über der „Oberen Halle“, Speisenaufzüge, Heizung, Belüftung und Beleuchtung gehören dazu.
Klotzen, nicht kleckern, so lautete die Devise beim Bau dieses Bürgerschlosses, das 269 Räume umfasst, unterteilt in ein „Kleines Haus“ und ein „Großes Haus“. Drei Generationen prägten das Schicksal der Villa – und deren Innenarchitektur. Den Stammeltern, Alfred Krupp und Bertha, folgten Friedrich Alfred Krupp (1854–1902) und Margarethe Krupp (1854–1931). Deren älteste Tochter Bertha Krupp (1886–1957) heiratete den preußischen Diplomaten Gustav von Bohlen und Halbach (1870–1950). Offenbar empfanden die beiden den gusseisernen Minimalismus, den Alfred Krupp vorgegeben hatte, als unbehaglich. So ließen sie Wände und Decken der repräsentativen Räumlichkeiten durch schwere Holzvertäfelungen verkleiden. Historische Möbel, Familienporträts und gediegene Wandteppiche taten ein Übriges, um die heutige gravitätisch-museale Anmutung hervorzurufen.
Ihr ältester Sohn, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907–1967), war der letzte persönliche Alleininhaber der Krupp AG. Kurz vor seinem Tod rief er die nach ihm benannte Stiftung ins Leben, als „Ausdruck der dem Gemeinwohl verpflichteten Tradition des Hauses Krupp“.
Mit dem Programm zum 150. Geburtstag der Villa soll ein möglichst breites Publikum angesprochen werden. Diesem Zweck dient eine eigene App (mit separater Kindertour) ebenso wie Sonderführungen, Kinovorstellungen und Open-Air-Konzerte. Das erste Highlight im Jubiläumsjahr ist die vom Künstler*innen-Duo joeressen+kessner konzipierte Lichtinstallation „kontraste“, mit der die Fassaden des Gebäudes sechs Wochen lang von Sonnenuntergang bis 22 Uhr in eine Multimedia-Schauwand verwandelt werden.
Auf großes Interesse dürfte die Führungsreihe „Nie gesehene Räume“ stoßen: „Geheimnisvolle Archivschätze“, „Geheimnisvolle Schranktür“ oder „Geheimnisvolles Kaiserbad“, so lauten die Titel der Rundgänge, die Einblicke in Räume gewähren, die dem Publikum sonst verschlossen sind. Besucher*innen mit schmalem Geldbeutel erleichtert die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung im Jubiläumsjahr eine Stippvisite in der Villa: An jedem ersten Freitag im Monat gibt es einen „Tag des offenen Hügels“; dann ist der Eintritt kostenlos.