Im Porträt: Die Maus

Kinderkram
Wie kommt der Saft in die Tüte, und wie kommt er wieder raus? Warum ist der Himmel blau? Brennt auch nachts im Kühlschrank das Licht? Es sind die einfachen Fragen, die die jüngsten Menschen bewegen. Antworten darauf hat: die Maus.

Dass ein Zeichentrick-Nager einmal zur bekanntesten Wissensinstanz im Lande werden würde, damit haben die fleißigen Männer vom WDR sicherlich nicht gerechnet, als sie 1971 bei dem von der Grafikerin Isolde Schmitt-Menzel erfundenen Geschöpf Geburtshilfe leisteten und ein possierliches Wesen zur Welt brachten, das fortan zum Synonym für verantwortliche Kindererziehung im Medienzeitalter werden sollte. Ein paar Striche sind es nur, die den Star der Fernsehpädagogik ausmachen. Ein rundlicher Körper in warmem Orange, an den braune Ohren und Beinchen gepappt sind. Dazu zwei Schlafzimmeraugen und ein paar Schnurrbarthaare, fertig ist Maus und Marke.

Natürlich kann die gebürtige Kölnerin auch Geräusche machen. Sie tippelt beim Gehen, und wenn sie genau hinschaut, dann klicken ihre Augen beim Klimpern. Berühmt ist die Maus dafür, dass sie prima erklären kann und Probleme unkonventionell angeht. Wenn ihr etwa ein Strohhalm fehlt, schraubt sie kurzerhand ihren Schwanz ab und nutzt diesen als Trinkhilfe. Wenn sie in einer Grube gefangen ist, mutiert sie zum Hubschrauber. Niemand weiß sich so gut zu helfen wie die Maus, und manchmal keimt der Eindruck, dass es dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen viel besser ginge, wenn es sich eine Scheibe vom Einfallsreichtum der Maus abschnitte.

Im Jahre 1995 hat die Maus sogar das Bundesverdienstkreuz bekommen. Entgegengenommen haben es ihre Begleiter Armin Maiwald und Christoph Biemann, die mit ihren wissenschaftlich fundierten und doch einfach gestalteten Erklärfilmen wesentlich das geprägt haben, was die Maus berühmt gemacht hat. Schließlich war die Maus immer nur die Figur, die zwischen zwei Filmen vermitteln sollte. In dem einen bekamen die Kinder gezeigt, wie Zahnpasta in die Tube kommt, im nächsten, was passiert, wenn ein Maulwurf traurig ist. Groß ist inzwischen die Zahl der Maus-Gefährten. Vom Käpt'n Blaubär über den kleinen Elefanten bis zur gelben Ente und Stefan Raab reicht die Liste der Freunde. Letzterer packte die Maus-Melodie 1996 kurzerhand in einen Popsong und verkaufte diesen fast 400.000 Mal.

Die Maus ist eine Institution, die in Familien den Sonntag prägt. Selbst in Kreisen, in denen sich die Begeisterung fürs Fernsehen in Grenzen hält, wird sonntags um 11:30 Uhr eine Ausnahme gemacht. Die Maus darf jedes Kind sehen, und meist bleiben die Menschen ihrem knuddeligen TV-Helden so lange verbunden, bis sie selbst Kinder haben und mit denen gemeinsam „Die Sendung mit der Maus“ schauen. Für den WDR ist die Maus auch eine tüchtige Arbeiterin. Sie verdient ordentlich Geld für die öffentlich-rechtliche Anstalt, denn aus dem Erlös des reichhaltigen Merchandising-Angebots fließt so mancher Euro in die Senderkasse. Wohl auch deshalb gibt es Maus-Tassen, Maus-Puppen, Maus-Taschen und Maus-Leuchten.

Fernsehpreise hat die Maus jede Menge im Regal stehen, und es werden sicherlich noch einige dazu kommen. Ein Ende der Maus-Sendungen ist nicht abzusehen. Manche sagen gar, eher werde die Tagesschau abgeschafft als „Die Sendung mit der Maus“.

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