Die Bruder-Klaus-Kapelle in Mechernich-Wachendorf

KunstArchitekturMechernich
Fast klingt es wie eine Legende: Ein Landwirt möchte eine Kapelle errichten und stößt in der Zeitung auf lobende Worte für einen weltberühmten Architekten, den er kurzum mittels handgeschriebenem Brief um seine Hilfe bittet. Dieser lässt sich aus Sympathie auf das Vorhaben ein, verzichtet weitgehend auf sein Honorar und gestaltet mitten in der Provinz vollendete Sakralarchitektur. Das Ergebnis: die Bruder-Klaus-Kapelle in Mechernich.

Von Weitem wirkt der 12 Meter hohe Beton-Turm auf seinem fünfeckigen Fundament über sanft geschwungenen Dinkelfeldern hell, streng und klar. Ein ungewöhnlicher, aber freundlicher Fremdkörper steht da in beschaulicher Landschaft. Beim Eintritt durch das dreieckige Portal verändert sich der Eindruck jedoch radikal. Der fast düstere, tropfenförmige Andachtsraum aus einem geschwärzten Betongerippe ist spärlich ausgestattet: eine Bank, eine Stele mit einer Figur des heiligen Niklaus und über Kopfhöhe ein Rad mit sechs Speichen als sein Symbol. Der Blick wird weiter nach oben gezogen, der Bau ist gen Himmel offen. Sonnenlicht fällt herein, genauso wie Regenwasser, das sich auf dem bleiernen Boden sammelt.

Der Schweizer Pritzker-Preisträger Peter Zumthor arbeitet gerade an seinen Plänen für das Kölner Diözesanmuseum Kolumba, als ihn der Brief von Hermann-Josef Scheidtweiler aus der Voreifel erreicht, der eine Kapelle zu Ehren des heiligen Bruder Klaus plant. Dem Landwirt steht er als Patron der katholischen Landjugend im Sinn, dem Architekten ist er als Niklaus von Flüe vor allem als von seiner Mutter verehrtem Schutzheiligen der Schweiz vertraut.

Eine glückliche Kombination, die das Unwahrscheinliche möglich macht. Nach langer Planungsphase entsteht von 2005 bis 2007 in Mechernich ein Anziehungspunkt für Gläubige und Architekturkenner aus aller Welt. Die ungewöhnliche Kapelle geht auf einen ungewöhnlichen Bauprozess zurück. Zunächst errichtete man mit mehr als 100 Fichtenstämmen zeltartig den späteren Innenraum. Dann schichteten Freiwilligen in Eigenleistung bis auf 12 Meter Höhe Lagen aus Stampfbeton um die Stämme herum. Sie bilden die Außenhaut des Monolithen. Ein dreiwöchiges Köhlerfeuer löste die Baumstämme vom Beton, die dann mit einem Kran von oben aus der Öffnung gezogen wurden. Mit einem zweiten Feuer schließlich wurden die rohen Betonwände geschwärzt.

Durch die Enge und die Dunkelheit, durch raue Materialität, Reduzierung, aber auch die Öffnung gen Himmel wird sinnlich das Thema der Askese und der gottesgewahren Einsamkeit des Eremiten Bruder Klaus aufgenommen. Die Bruder-Klaus-Kapelle ist so kunstgewordener Ausdruck traditioneller Frömmigkeit in der Eifel.

Die Kapelle ist in der Sommerzeit von 10 bis 17 Uhr und in der Winterzeit von 10 bis 16 Uhr geöffnet, montags bleibt sie geschlossen.

https://www.feldkapelle.de

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